Betrachtungen zu Sterbebegleitung und Tod

Meine Ehefrau ist vor kurzer Zeit gestorben.

Trauer, Schmerz, Einsamkeit, Sinnlosigkeit, Leere, Kälte, Haltlosigkeit, Atemnot, appetitlos, grau …

Was soll daran positiv sein?

Der Tod, eine Krankheit … ein Unfall … Was soll man da Positives daran sehen ?

Die Trauer ist da.

Die Trauer, wenn wir jemanden verlieren, tut weh. So unendlich, unbeschreiblich. Zerreissend …

Die Trauer kann uns niemand abnehmen, aber tragen helfen – vielleicht …

Aber der Tod. Die Zeit vor und nach dem Sterben, sieht es da nicht etwas anders aus?

Wir sterben alle. Der erste Tag des Lebens ist der erste Tag der Möglichkeit eines Todes.

Auch wenn wir mit dieser Tatsache nicht immer – oder gar nie – konfrontiert werden möchten.

Denn sie kann schwer lasten und das «Sein» nicht leichtmachen, sondern einen be-lasten.

Die Tatsache, dass wir alle sterben werden, sterben müssen, sterben dürfen, macht diese Situation zu einer „das Glas ist halbvoll“/„das Glas ist halbleer“ Situation.

Was wir daraus machen, bestimmt die ganze Wahrnehmung.

Oder wie Viktor Frankl* sagt: „Nur, wenn die Sinnlosigkeit (das Gefühl des ungerechten Leidens) überwunden werden kann, kann der Patient sich auch von seinem spirituellen Schmerz lösen.“

Wenn die Begleitung eines schwerkranken Menschen und seiner Angehörigen ‒ im Leben wie im Sterben ‒ bedeutet, sich einzusetzen für die Ermöglichung von klärenden Gesprächen, für die Verbesserung quälender Symptome, für die Koordinierung und Klärung offener Fragen und Unsicherheiten; wenn es bedeutet, eine Wegstrecke mit zu gehen ‒ kann dies durchaus positiv sein, auch in einer schweren Situation.

Genau dies sind die Haupttätigkeiten der vielen an der Palliative Care beteiligten professionellen und freiwilligen Menschen.

Es gibt immer Licht und Schatten.

Und auch in schweren Zeiten, kann etwas Positives ‒ Licht ‒ entstehen.

Oder wie der 2016 verstorbene Dichter und Poet Stephen Levine sagt:

„Sich in Mitgefühl zu üben, bedeutet, zu wissen, dass alle Wesen gleich sind und auf ähnliche Weise leiden, all jene zu ehren, die leiden, und zu wissen, dass man weder von jemandem getrennt noch ihm überlegen ist.“

Sich für Lebensqualität, Leidensverminderung, Sterbequalität, Menschlichkeit und Nähe einzusetzen – wie dies die Palliative Care und die Hospizbewegung, aber auch viele andere Menschen (seien es Pflegende, Ärztinnen und Ärzte, Seelsorgende, Psychoonkologen, Putzfachleute oder Ergotherapeutinnen) täglich tun –, täglich der Mensch zu sein, der Menschlichkeit und Mitgefühl zeigt – in der Nähe des schwerkranken Menschen und seiner Angehörigen, dies ist positiv!

Beatrice Hengartner ist Leiterin des Palliative Netz BielBienne Regio und Vorstandsmitglied bei Palliative Bern.