Von Erdfrüchten und Zukunftsarchitektur

Nicht dass die Gurzelen nun gerade Kopf stünde. Noch ist zu erkennen, wozu sie einst diente. Seit aber der Verein Terrain Gurzelen das ausrangierte Stadion mitten in Biel bespielt, ist doch bereits einiges „ungerobsi“ geraten – namentlich der Rasen. Statt drittklassig gekickt wird dort nun zukunftsweisend gegraben, geackert und gebaut. Gemeinschaftlich. Nachbarschaftlich. Visionär. Die mit der Stadt vertraglich vereinbarte dreijährige Zwischennutzung (siehe Vision Nr. 23) hat mächtig Fahrt aufgenommen. Der Wind in den Segeln sind dabei viele dutzend Kinder, Frauen und Männer, die sich mit ihren Ideen, Visionen und Händen einbringen. Auch zwei Pferde und ihr Bauer haben schon gewirkt. Das war noch im Februar, als Mikaël Zürcher vom Mont Crosin mit seinen Freibergern Zenith und Escudo und einem Pflug aus einem Teil des ehemaligen Fussballfeldes einen Kartoffelacker machte. Mitte April schliesslich war das Trio nochmals in Aktion, um zusammen mit einigen Helfern 5000 Kartoffeln zu pflanzen. Die Ernte soll dereinst den Kartoffeljahresverbrauch von 100 Familien decken (100 x 50 kg = 5 Tonnen), so Antal Thoma, der Initiator dieses Teilprojekts von Terrain Gurzelen.

Auf dem Trainingsplatz nebenan herrscht derweil ein regelrechter Bauboom. Hier in unmittelbarer Nähe zum entstehenden spektakulären Swatch-Neubau zeigen auf der Kinderbaustelle unsere jüngsten Baumeister, was sie draufhaben, und dass sie es mit dem weltberühmten japanischen Architekten Shigeru Ban durchaus aufnehmen können – notabene ganz ohne Millionen, mit einfachsten Mitteln und ein bisschen Unterstützung des Betreuungsteams. Am 22. April wurde die Kinderbaustelle feierlich eröffnet, seither wächst und verändert sie sich stetig. Ebenso das Terrain gleich daneben, wo eine bunt zusammengewürfelte Gruppe motivierter Gärtnerinnen und Gärtner zur Grabgabel gegriffen hat und nun aus teils individuell teils kollektiv bepflanzten Beeten einen Gemeinschaftsgarten gestaltet. Auch Hühner sollen bald auf der Gurzelen gackern. Und auf Wemakeit läuft noch bis Ende Monat eine Crowdfunding-Kampagne, mit der „Tennis Champagne“ 30 000 Franken sammeln möchte für den Bau zweier selbstverwalteter Tennisplätze, die künftig allen geübten Tennisspielern, Amateuren und Anfängern zur Verfügung stehen sollen. Auf weitere experimentelle und pionierhafte Projekte sind wir schon gespannt.

Janosch Szabo ist Mitherausgeber der Vision 2035. Auf der Gurzelen hat er bei der Lancierung des Ge-meinschaftsgarten mitgewirkt und würde dort auch gerne mitgärtnern. Nur: der eigene Garten ist schon so gross…

Bilder v.l.n.r.: Antal Thoma (Hauptbild), Janosch Szabo (Kinderbauplatz), Nicolas de Nisco (Tennis)

www.terrain-gurzelen.org

www.kinderbaustelle.ch

wemakeit.com/projects/tennis-champagne