„Sagezu“ sät die gute Saat

Sagezu heisst ein neues Projekt rund um die Erhaltung und Verbreitung von Gemüsesorten, die sich speziell für urbane Gärten eignen. Auch in Biel formiert sich eine Gruppe an der Saatgutzucht Interessierter. Das nächste Treffen findet am 15. November statt. 

„Stadtgmüesle“ oder „Urban gardening“ ist wichtig. Gemeinschafts- und Integrationsgärten, Quartierbeete und Schrebergärten sind weit verbreitet. Es zählt für diese Anbauinitiativen vor allem die Selbstversorgung mit frischen, gesunden und wohlschmeckenden Lebensmitteln. Kultiviert wird viel Gemüse. Dazu braucht es Saatgut von bewährten, erwünschten Sorten. Denn ohne Samen keine Saat, keine Ernte, keine Ernährungssicherheit. Samengemeinschaftszucht will genau hier Unabhängigkeit schaffen. Ausgewählte Sorten werden von «Sagezu»-Gemeinschaften züchterisch an ihre Bedürfnisse, Vorlieben, Örtlichkeiten und Verwendungen angepasst. Resultat sind eigene Samen von fitten, speziell für urbane Gärten geeigneten Sorten.

Damit ist „Sagezu“ eine tragende Alternative zu den Hybridsorten, patentierten und gentechnisch veränderten Pflanzen der weltweiten Saatgutmultis, von denen kein eigenes Saatgut mehr nachgezogen werden kann oder darf. Solche Sorten sind für die Produktion in grossflächigen, intensiven Monokulturen und für die industrielle Verarbeitung entwickelt.

„Sagezu“ schafft Unabhängigkeit

Mit der Wiederbelebung der Nutzgartentradition und einem nicht nur mit dem Auge, sondern auch mit Nase und Gaumen urteilenden Qualitätsbewusstsein, gewinnen geschmackvolle Gemüsesorten neue Bedeutung. Offenabblühende, bewährte Sorten sind für die Selbstversorgung und den kleinräumigen Anbau durch ihre positiven Eigenschaften besonders interessant.

Asylsuchende verwenden zur Zubereitung ihrer traditionellen Gerichte oft spezielle Gemüsesorten, die in der Schweiz unbekannt und deren Samen hier kaum erhältlich sind.

Doch wie diese Sorten eigenständig züchten und davon Samen ernten? Für das urbane Mitteleuropa fehlen unabhängige Saatgutsysteme und Samenbautraditionen weitgehend. Kleinbäuerliche Lebensweisen und Subsistenzwirtschaften mit einfacher, lokaler Sortenerhaltung sind durch die zunehmende Industrialisierung und Verstädterung erloschen. Das handwerkliche Wissen und Können ist verschollen.

Hier setzt „Sagezu“ an, mit einem neuen Konzept zur Etablierung einer souveränen Samengemeinschaftszucht von Gemüse. Wem der freie Zugang zum Saatgut wichtig ist, kann das jetzt mit handfesten Taten unterstützen (siehe auch Infobox).

„Sagezu“ sucht urbane Gartengemeinschaften

Sagezu wird von lokalen Gartengemeinschaften getragen. Die Vorlieben, Bedürfnisse und Möglichkeiten der Involvierten und Engagierten werden zusammen besprochen. Es folgt die Auswahl der für eine Samengemeinschaftszucht passenden und geeigneten Arten und Sorten. Gemeinsam übernehmen die Beteiligten darauf eine liebevolle, unabhängige und kontinuierliche Züchtung und Saatgutvermehrung. So entstehen ideale Voraussetzungen, die Sortenvielfalt bei Nutzpflanzen zu verbreiten und diese an ändernde Klimabedingungen und aktuelle Bedürfnisse anzupassen. Nachhaltige Nutzung heisst auch gesamtheitliche Wertschätzung. Eigenverantwortliches Handeln wird gefördert, soziale Integration gestärkt, kulturelles Erbe und biologische Vielfalt in die Gesellschaft tragfähig verwoben.

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Bild oben: diese Bielerinnen und Bieler haben sich im Oktober ein erstes Mal getroffen. Wer stösst noch dazu, damit eine Bieler Sagezu-Gemeinschaft entstehen kann? 

Robert Zollinger ist Gemüsezüchter und Freiraumplaner. Er war Mitbegründer der biologischen Samengärtnerei Zollinger. Seit der Betriebsübergabe führen seine Söhne die Zucht und Saatgutvermehrung bewährter Gemüsesorten unter dem Namen “Zollinger.bio” weiter.

Ein Arbeitsschwerpunkt von Robert Zollinger ist die Etablierung souveräner Saatgutsysteme im urbanen Umfeld. Die Selbstversorgung mit gesunden, frischen Lebensmitteln war und bleibt von existentieller, sozialer und politischer Bedeutung. Die Kultur von eigenem Gemüse ist für städtische Gartengemeinschaften in der Schweiz Teil der Ernährungssicherheit. Die Verfügbarkeit von Samen geeigneter Sorten ist dafür immer eine Grundvoraussetzung. Mit der Landflucht in Lateinamerika, Afrika, Asien und der Verstädterung in China bekommt der Nutzpflanzenbau in urbanen Freiräumen eine globale Relevanz.
Die Sagezu-Projekte begleitet Robert Zollinger von der ersten Sitzung über die Sortenauswahl bis hin zur Selektion, Samenvermehrung und Verbreitung des Saatgutes.

Mitmachen bei Sagezu in Biel 

Die in Biel an einer Sagezu-Gemeinschaft Interessierten treffen sich ein nächstes Mal am 15. November um 19 Uhr im Haus pour Bienne, Kontrollstrasse 22, 2502 Biel.

Weitere an diesem lokalen gemeinschaftlichen Projekt Interessierte sind sehr willkommen. 

Für Fragen und weitere Infos:
robert.zollinger@hortiplus.ch


Das Projekt Sagezu

Das Projekt „Sagezu“ – wird im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (NAP-PGREL) durch das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) unterstützt.