Weniger Antennen und doch mehr Daten?

Der heute überlastete Mobilfunk ist ein Symptom für viel tiefer liegende Probleme. Doch diese lassen sich mit dem Ausbau des Mobilfunknetzes auf 5G nicht beheben – im Gegenteil, sie werden noch verschlimmert. Die Rede ist vom exzessiven Videokonsum unserer Jugendlichen, von den Auswirkungen der enormen Menge an übertragenen Daten auf unsere Umwelt, auf unser Klima – in der Schweiz und auf der ganzen Welt. Dieser Artikel zeigt auf, weshalb unsere Mobilfunkantennen ausgelastet sind und wägt ab, ob 5G die Lösung für die heutigen Probleme ist.

Mobilfunk ist die Übertragung von Daten durch die Luft. Eine Antenne sendet elektromagnetische Wellen aus – und ein mobiles Gerät, z.B. ein Smartphone, empfängt diese Wellen. Eine Mobilfunkantenne darf so stark senden, bis die Grenzwerte in ihrer Umgebung erreicht werden. Im Schweizer Mittelland ist das Netz so dicht, dass wir praktisch keine Funklöcher mehr haben. Dennoch kann es vorkommen, dass die Datenübertragung nur unzureichend funktioniert. Wir sagen dann: „Das Mobilfunknetz ist überlastet“. Denn es kann sein, dass zu viele Personen gleichzeitig dieselbe Mobilfunkanlage nutzen. Oder ein einzelner Nutzer bezieht sehr grosse Datenmengen oder befindet sich hinter dicken Mauern. In all diesen Fällen muss die Antenne mit voller Stärke senden, kann aber trotzdem nur einen Teil der Nutzer berücksichtigen. Dann wird der Datenfluss im Netz immer langsamer, bis er schliesslich für einen Teil der Nutzer zum Stillstand kommt.

Seit einigen Jahren verdoppelt sich die mobil übertragene Datenmenge fast jährlich. Gemäss den Betreibern droht uns bereits in drei Jahren das Szenario, dass unser Mobilfunknetz dauernd überlastet ist. Wer hier aber 5G als Lösung des Problems sieht, macht es sich zu leicht.

Die Ursache für das Datenwachstum

Der Antennen-Hersteller Ericsson stellt in seinem Bericht zum Mobilfunk vom November 2019 fest: 60% des mobilen Datenverkehrs besteht aus Video-Streaming. Studien zeigen, dass die Nutzer länger auf einem Video verweilen, wenn es in besserer Auflösung gezeigt wird. So nehmen Video-Qualität und die ihr entsprechende Datenmenge ständig zu. Die sozialen Medien machen nur einen kleinen Teil des Datenvolumens aus – rund 10 %. Angesichts der riesigen Video-Datenmengen beanspruchen Telefongespräche, Surfen im Netz sowie das Internet der Dinge nur einen verschwindend kleinen Teil.

Fazit: Das Datenvolumen des Mobilfunks wird hauptsächlich durch die Freizeitbeschäftigung „Video-Streamen“ verursacht.

Von besonderer Bedeutung ist die Feststellung des Think-Tanks „The Shift Project“ aus Frankreich: ein Drittel aller Videos sind Pornofilme!

Heute kann 4G beinahe den gesamten Datenverkehr inklusive Videos bewältigen. Ericsson prognostiziert für das Jahr 2025, dass bereits 75 % aller mobilen Daten aus Video-Streaming stammen werden, während das Internet der Dinge immer noch weniger als 10% ausmachen würde. Der gigantische Videokonsum ist der eigentliche Grund für die Überlastung der Antennen. Denn ohne Videos könnten noch mehr als ein Jahrzehnt alle anderen mobilen Daten über 4G abgewickelt werden, ohne dass das Mobilfunknetz überlastet würde.

Zeitliche Auslastung

Die Mobilfunkbetreiberin Swisscom hat ermittelt, dass am Mittag sowie abends von 21 bis 23 Uhr die meisten Daten übermittelt werden. Hauptkonsumenten sind Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 25 Jahren. Der Bericht „Mobilfunk und Strahlung“ des UVEK hält währenddessen fest, dass fast alle Antennen regelmässig ausgelastet sind. Nehmen wir die Informationen von Swisscom hinzu, lässt sich feststellen, dass diese regelmässige Auslastung zweimal täglich eintritt. Die zweite, grössere Spitze fällt wie gerade erwähnt auf die frühen Nachtstunden – dann also, wenn sich die Nutzenden meistens zu Hause aufhalten und über ihr eigenes Netzwerk auf das Internet zugreifen könnten. Durch ihr Nutzungs-Verhalten lasten sie das Mobilfunknetz gleich doppelt aus: Einerseits muss die Antenne stark strahlen, um die Videos zu übertragen, und andererseits braucht sie viel Leistung, um die Hausmauern zu durchdringen. Die Nutzung des Handynetzes im Haus trägt einen weiteren, wesentlichen Teil zur Überlastung des gesamten Netzes bei.

Ist 5G die Lösung?

Da also der grösste Teil des Videokonsums in den eigenen vier Wänden stattfindet, haben wir die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: Weitermachen wie bisher, indem wir noch mehr und stärkere Antennen noch näher an die Häuser heran bauen. Diese Variante heisst „fünfte Mobilfunkgeneration“ oder kurz „5G“

Oder wir beziehen die Daten über unser hauseigenes Netzwerk und bauen die überflüssigen Antennen zurück. Auf diese Weise können wir gar noch mehr Daten beziehen als über das Mobilfunknetz und gleichzeitig die Grenzwerte für Mobilfunk auf ein für die Gesundheit verträglicheres Mass senken.

Zuletzt bleibt die Frage, ob es Anwendungen gibt, die auf 5G angewiesen sind. Der ETH-Professor Emilio Frazzoli sagt gegenüber der Zeitschrift „Beobachter“, dass selbstfahrende Autos kein 5G benötigen, sondern in erster Linie gute Sensoren und Kameras. 5G wird für selbstfahrende Autos erst dann interessant, wenn jedes Ding vernetzt und über 5G erkennbar ist – also sowohl alle anderen Autos als auch das kleine Kind, das über die Strasse rennt. Den perfekten Abstand zum Vorderauto auf der Autobahn kann das Auto viel unkomplizierter mit einem Sensor ermitteln, die Informationen zu staufreien Strecken werden heute schon problemlos mittels 4G übertragen.

Einzig die Übertragung von Daten in Echtzeit ist zum heutigen Zeitpunkt mit dem 4G-Netz nicht möglich. Wer z.B. eine Maschine von einer weit entfernten Steuerungszentrale aus in Echtzeit steuern möchte, der muss die Verbindung weiterhin über Kabel herstellen. Da der Bedarf an Echtzeit-Daten für unterwegs aktuell kaum vorhanden ist, kann auch in dieser Hinsicht auf das 5G verzichtet werden.

Rebekka Meier ist gelernte Uhrmacherin und beschäftigt sich mit Amateurfunktechnik. Sie leitet die Abteilung «Baurecht» im Verein «Schutz vor Strahlung» und ist Gründerin des Vereins «5G-Moratorium».

5G in Biel

Ungeachtet aller Kritik an 5G landauf landab stellen die Mobilfunkunternehmen weiterhin laufend Baugesuche für die Aufrüstung oder den Neubau von Antennen.

Aber die Gegner sind auch hellwach – in Biel koordiniert und unterstützt von der Arbeitsgruppe «5G – so nicht / 5G – pas comme ça», die in Zusammenarbeit mit Vision 2035 insbesondere Einspracheunterlagen aufbereitet und zur Verfügung stellt. Kontaktadresse: spaceforbiel@gmx.ch

Gegen das Baugesuch Brüggstrasse / SBB-Areal wurden innerhalb von weniger als 2 Wochen rund 685 Einsprachen eingelegt in den Quartieren Mösli, Linde, Madretsch, Mühlefeld sowie in Nidau und Brügg. Dies zeigt, dass ein grosser Teil der Bevölkerung die neue Mobilfunkgenerationen 5G ablehnt.

Am Mittwoch 4. März gibt es zudem um 18.30 Uhr im Restaurant Merkur (Dufourstrasse 143) ein Stammtischgespräch zum Thema 5G.

 

Einsprache gegen Baugesuche erheben

Alle in Biel hängigen Baugesuche, gegen die Einsprache erhoben werden kann, und thematische Beiträge zu 5G im Brennpunkt-Dossier auf: www.vision2035.ch/unsere-themen/5g