Seit nunmehr 80 Jahren setzt sich die „Vereinigung für Heimatpflege Büren“ für den Naturschutz in der Region ein. Ein Jubiläumsband unter Lukas Märki ist gleichzeitig historischer Rückblick und hochaktueller Zustandsbericht.
Gleich zu Beginn der Lektüre wird schmerzlich klar, welch ökologisches Drama sich in der Aare-Ebene zwischen Nidau und Solothurn seit der ersten Juragewässerkorrektion im Jahr 1868 abgespielt hat: die rücksichtslose Zähmung der Aare, das systematische Trockenlegen von Sumpfland und Überschwemmungsgebieten zur Gewinnung landwirtschaftlicher Nutzfläche hat viele Biotope zerstört und einen empfindlichen Rückgang der Artenvielfalt bewirkt. Einen weiteren Rückgang haben die Intensivierung der Landwirtschaft, stärkere Mechanisierung und zunehmender Pestizid- und Mineraldüngereinsatz ab den 1960er-Jahren zu verantworten. Neu hinzu kommen die Klimaerwärmung und Nebeneffekte der Globalisierung: Probeme mit Neozoen und Neophyten, eingeschleppten Tier- und Pflanzenarten. Das Meienried, das Häftli, die Grenchner und Selzacher „Witi“: dieses Naturschutzgebiet nationaler Bedeutung steht unter Druck.
Wer sich für die Natur unserer Region interessiert, dem sei dieses informative und mit tollen Fotos (u.a.von Hansruedi Weyrich) und Illustrationen von P.-A. Robert bebilderte Buch wärmstens ans Herz gelegt. Detailliert wird über die verschwundene und noch vorhandene Flora und Fauna informiert. Von den 14 Autor*Innen sind 9 Biolog*innen; entsprechend liegt der Schwerpunkt auf Biologie
und speziell auf dem Thema Biodiversitätsverlust, das sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht. Die Rote Liste ist dabei quasi die Rote Karte für das angerichtete menschliche Zerstörungswerk.
Dank ausgiebiger Forschungen wissen wir um die Biodiversität verschiedener Biotope; so beschrieb etwa Eduard Berger für das Jahr 1954 im Meienried 275 Pflanzenarten. Von diesen Arten konnten im Jahr 2020/2021 nur noch 194 (70%) bestätigt werden: die Artenvielfalt hat quer durch alle Lebensraumtypen stark abgenommen. Trotzdem ist das Meienried – dank jahrzehntelangem sorgfältigem Unterhalt immer noch ein Topgebiet punkto Biodiversität und es wird an der Wiederansiedlung verschwundener Arten gearbeitet, die allerdings eine grosse Herausforderung ist.
„Jeder Quadratmeter zählt!“
Seit Jahren und Jahrzehnten wird inzwischen – nicht nur im Meienried – mit viel Aufwand versucht, der Natur wenigstens ein klein wenig von dem zurückzugeben, was man ihr so brutal entrissen hat. Dabei zählt jeder Quadratmeter! Die Revitalisierung zerstörter Ökosysteme ist dabei ein schwieriges Unterfangen, denn Natur ist ein hochkomplexes, weiträumiges und sehr empfindliches Zusammenspiel vieler Arten, das sich nicht so einfach wieder herstellen lässt.
Was man im Buch liest, macht dennoch Hoffnung und man wünschte sich weitere Kapitel, um zu lesen, wie’s weitergeht, ob all die ausführlich beschriebenen Massnahmen erfolgreich sind, ob die Natur wieder zurückkommt und mit ihr auch wieder bedrohte oder schon verschwundene Arten. Man wünschte sich auch auf den alten Aussichtsturm im Häftli oder auf den Wititurm bei Altreu, um
vielleicht selbst einmal einen der seltenen Vögel zu sehen.
Text: Andreas Bachmann: Redaktion Vision 2035; interessiert an Themen rund um Natur, Ökologie, Konsum, Gesellschaft.
Lukas Märki,
Vereinigung für Heimatschutz Büren,
ISBN 978-3-033-09169-6
Buchhandlung Lüthy, Biel: CHF 42.-