Bieler Perlen Transition Urbanismus

Aufgefallen

In dieser neuen Rubrik kommentiert die Redaktion der Vision 2035 laufend Gesehen, Gehört und Gelesenes – oder blickt auch mal auf ein Ereignis zurück. Das Neueste immer zuoberst.  

Zweirädrige

von Janosch Szabo

Für Velofahrer gibt es in Biel einige neue Goodies: 

  • Freie Fahrt auf Velostreifen bei der Eisenbahnunterführung der Mettstrasse zum Beispiel. Die Autos dürfen nurmehr abwechselnd passieren. 
  • Dann der kürzlich eröffnete neue Abschnitt des Schüssuferwegs hinter dem Omega-Areal, der die Schüssinsel mit dem Hauserwehr verbindet und als Komplettierung der Velo- und Fussgängerverbindung vom Taubenloch entlang der Schüss bis zum See gefeiert wird. Ärgerliches Aber: spätestens zweihundert Meter weiter vorn, dort wo die Jurastrasse den Oberen Quai quert, hat man nichts mehr zu lachen. Stichwort: mühsamste Ampel von Biel. Vielleicht auch mal noch anschauen, auch wenn nicht so prestigeträchtig wie ein Projekt mit Nick Hayek? 
  • Schliesslich noch die 15 öffentlichen Pumpstationen zur kostenlosen Nutzung. Sportgeschäfte, Velohändlerinnen und -händler sowie Tankstellen beteiligen sich an der Aktion. Eine interaktive Karte soll es davon geben – steht jedenfalls auf der Website der Stadt Biel. Indes: für mehr als eine statische in einer PDF-Broschüre unter folgendem Link hat es aber offenbar nicht gereicht www.biel-bienne.ch/velopumpe

Trotzdem: weiter so! Und dann dem Ganzen selbstbewusst die Krone aufsetzen. Bern macht es mit seiner Velo-Offensive und dem Slogan „Velohauptstadt“ vor. Hier könnte das Ganze heissen „Biel pedalt – Bienne pédale“ – nur mal so als Input.

Reziklierende 

von Janosch Szabo

„1000. Take Away“ feiert die reCIRCLE AG gerade auf ihrer Website. Ein schöner Erfolg für das vor drei Jahren in Bern gestartete Mehrwegsystem, das zum Ziel hat „ein flächendeckendes, nationales Netz aufzubauen und mit dem Verpackungsmüll aufzuräumen.“ Im Zentrum steht dabei die reBOX, eine auberginenfarbige, spühlmaschinenfeste, in der Schweiz produzierte Kunststoffschale, die mehr als 100 mal wiederverwendet werden kann und ein Depot von Fr. 10.– kostet. Nach dem Essen tauscht man das schmutzige Geschirr bei einem der mitmachenden Betriebe gegen ein sauberes oder nimmt das Geld zurück – oder man spült es selber und lässt es beim nächsten Mal wieder auffüllen.

Unter den Pionieren waren auch drei Bieler Take Aways: das Casa Miracoli, das Ladenbistro und das nusu (gibt es nicht mehr), gar anfänglich von der Stadt Biel finanziell unterstützt. Dann lange Zeit quasi Stillstand, bis in diesem Sommer endlich auch ein Grosser auf den Zug aufgesprungen ist: Coop mit seinen Restaurants in Bözingen, in der Nidaugasse und hinterm Bahnhof. Daneben sind der Buschanger Beck, der Schlossbeck in Nidau und die Äss-Bar sowie weiterhin Ladenbistro und Casa Miracoli mit dabei. 

Aber: Es gibt noch viel Luft nach oben, wenn man sich die Dichte an ReCircle-Partnern in Bern anschaut. Hallo Biel: wake up und sei Tiel von etwas wirklich Grossem. Hier geht es zur Karte: www.recircle.ch/where

Urbanistische

von Janosch Szabo

Am 10. September, als die Robert Walser Sculpture bereits wieder abgebaut wurde, sagte der Bieler Gemeinderat Cédric Némitz, Direktor für Bildung, Kultur und Sport, im Regionaljournals von SRF1, etwas Bemerkenswertes. O-Ton: „Man muss eine Stadt bauen mit den Leuten, die da sind. Das ist, was wir jetzt verstanden haben. Und es ist möglich. (…) Das Ziel ist, dass wir mit der Bevölkerung, mit den Leuten, die da sind, die urbanistische Entwicklung bearbeiten können.“ Oh Wunder, enge und ernsthafte Zusammenarbeit mit der Bevölkerung könnte also dienlich sein. Ein ganz neues Feld tut sich da auf. Apropos: es soll im Volk auch Leute mit schlauen Köpfchen und guten Ideen haben… 

Thomas Hirschhorn jedenfalls hat zweifelsohne einige dieser Menschen ausfindig gemacht, involviert und bei ihnen ganz neue Energie freigesetzt. Hier ein paar Fotos von Enrique Nunoz Garcia zum nochmal Eintauchen: www.vision2035.ch/walsersculpture

Gesichtergebende

von Janosch Szabo

Diesen Sommer an einem Abend Ende Juli bekamen etliche Bäume im Gebiet des geplanten Autobahnanschlusses unterhalb des Pavillons plötzlich Gesichter – ein leiser Protest gegen den Westast von ein paar Kreativen, die mit Lehm losgezogen waren. Initiantin Rosanna Brombacher schrieb in ihrem Beitrag: „Die 45 Baumgesichter, die bei der Mitmach-Aktion entstanden sind, werden nun nach und nach durch Regen und Wind wieder verschwinden, die Bäume hoffentlich nicht.“ Aber selbst die ausdrucksstarken Gesichter gibt es noch – als Fotogalerie für alle, die die Aktion verpasst haben oder sie nochmal Revue passieren lassen möchten unter folgendem Link www.vision2035.ch/baumgesichter

Protestierende

von Janosch Szabo

„Wie schafft es eine lose Bürgerbewegung, ein von Bund, Kanton und Stadt unterstütztes Grossprojekt zu stoppen?“ Das fragte der „Bund“ gross aufgemacht und fast schon bewundern am 31. August 2019 auf seiner Titelseite. Thema: der Bieler Westast. Die wichtigsten Ingredienzien eines erfolgreichen Bürgerprotests seien Leidenschaft durch Betroffenheit, Vernetzung mit Experten, sachliche Kritik und professionelle Öffentlichkeitsarbeit, folgert der Autor. Auf einer Doppelseite breitet er den „Aufstand im Seeland“ aus und wie es dazu kam, dass am 25. Februar 2019 die bernische Baudirektion vermeldete: «Westumfahrung von Biel: Kanton beantragt Sistierung der Planung». Den ganzen Beitrag gibt es als PDF auf www.westastsonicht.ch 

Seit Anfang Jahr trifft sich nun regelmässig die sogenannte Dialoggruppe mit Vertreterinnen und Vertretern aus 30 Institutionen – Befürworter, Gegner und Behörden, um bis Ende Juni 2020 eine breit akzeptierte Lösung in der Kontroverse um den Westast zu finden.

Auch mit diesem partizipativen Dialogprozess gilt Biel als beispielhaft. Allerdings: es geht schleppend voran. Bisher wurde viel über Spielregeln, Zeitpläne und Budgets geredet. Die inhaltliche Debatte lässt noch auf sich warten. 

Könnte es sein, dass man sich vor diesem wirklich wichtigen Aspekt des ganzen Brimbamboriums ein bisschen drückt? Ich meine ja nur… Es ist ja auch nicht ganz einfach ein Projekt definitiv zu beerdigen, das schon etliche Millionen verschlungen hat. Aber es ist nötig. Biel hat die Chance, als Bestatter eines gigantischen Irrsinns in die Geschichtsbücher einzugehen – weil erkannt wird, dass das Auto keine Zukunft mehr hat. Lieber früher als später.

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