Wer hierzulande zu Schokolade greift, tut dies oft gedankenverloren. Auf der Caillertafel sehen wir Milchkühe und Alphörner, wissen aber selten, von wo die elementare Zutat, der Kakao, stammt; welche Menschen ihn unter welchen Bedingungen produzieren. Unsere Autorin hat für ihre Masterarbeit über die soziale Nachhaltigkeit im Kakaoanbau in Kolumbien drei Monate vor Ort geforscht. Sie ist dabei auf kämpferische Grossmütter und Enkel, die es wegzieht, gestossen. März 2023. Landeanflug auf Cali im Südwesten Kolumbiens. Der Blick aus dem Fenster offenbart nebst der Millionenstadt im Hintergrund nur kilometerweite Zuckerrohrmonokulturen. Wo sind hier die Kakaobäume? Das hatte ich mir ganz anders vorgestellt. Ein paar Tage nach meiner Ankunft im Nordcauca Kolumbiens. Ein schwüler Morgen. Doña Betsabeth, 100-jährig, geht langsam durch ihre kleine Kakaoplantage, 1.5 Hektaren gross, umgeben von nichts als Zuckkerrohrfeldern. Pfeifend pflückt sie Orangen, um Saft fürs Frühstück mit der ganzen Familie vorzubereiten. Ihre Hände sind rau von jahrzehntelanger Arbeit, von
WeiterlesenKategorie: Ernährung
Eine nachhaltige Ernährungsstrategie – für Biel, das Klima und die Menschen
Biel hat die besten Voraussetzungen, die Lebensmittelherstellung wieder in den Mittelpunkt zu stellen, sagt unser Autor und setzt zu Teil 2 seines Berichts an: Eigenes landwirtschaftliches Land, eine Vielzahl an verarbeitenden Betrieben und eine wachsende Anzahl an Konsument*innen, die zu Akteur*innen eines nachhaltigen und lokalen Ernährungssystems werden möchten. Im ersten Teil («Die Stadtutopie zurückbringen», Nr. 49 vom Juni 2024) ging es um die Rolle der Genossenschaften zu Beginn ihrer Geschichte und das Modell der Gartenstädte als Prinzip der Selbstversorgung. «Wo, wenn nicht in der Stadt und unmittelbar um sie herum? Und durch wen, wenn nicht durch die Stadtbevölkerung selbst?», fragt sich Tex Tschurtschenthaler, Aktivist der ersten Stunde der sogenannten Solawi (Solidarische Landwirtschaft) und Mitglied des Projektes «Stadt-Garten für alle» in Biel. Letzteres verfolgt die Idee, auf städtischem Land eine Solawi zu entwickeln. Eine Vision für 2035 hin zu einer klimaresilienten Stadt Indem wir den Anteil unseres Konsums an industriell hergestellten
WeiterlesenDie Stadtutopie zurückbringen
Die Gartenstädte, hervorgebracht von Ebenezer Howard (1850-1928), sind eine konkrete und gelebte Utopie. Sie veränderten den Blick auf die Stadt fundamental, sind noch heute zukunftsweisend und fanden auch in Biel u. a. durch den Architekten Eduard Lanz ihre Verwirklichung. Mit 38 Jahren liest der Londoner Büroangestellte Ebenezer Howard (1850-1928) das Buch «Ein Rückblick aus dem Jahr 2000» von Edward Bellamys, das ein ideales Gemeinwesen beschreibt. Davon inspiriert, verfasst Howard «Tomorrow. A Peaceful Path to Real Reform» (1898). Er entwirft darin die Gartenstädte. Das Ziel: die Aufhebung von Stadt und Land durch ländliche Wohnsiedlungen, Fabriken und Kultur. Ein wichtiges Merkmal ist die Kollektivierung von Grund und Boden zur Vermeidung von Spekulation, nicht alle Gartenstadtsiedlungen folgen jedoch diesem Punkt. Kernpunkt ist auch die Selbstversorgung mit Energie und Lebensmittel, denn Parks und Gärten nehmen einen grossen Teil der Stadtfläche ein. Sämtliche Bereiche der Stadt sind per Fuss oder Rad zugänglich, selbst die Arbeitsplätze,
WeiterlesenInnerer Frieden dank künstlicher Intelligenz
Die Arbeitsethik, wie sie im globalen Norden gelebt wird, beruht auf einer knallharten Maschinenlogik, die während der Industriellen Revolution entstanden ist. Sie führt beim Menschen zu einem tiefgreifenden inneren Unfrieden. Doch die künstliche Intelligenz (KI) eröffnet einen Ausweg aus diesem Dilemma. Eine provokative These. Schon früh in der Schule, vielleicht sogar im Kindergarten, beginnt der Druck. Überall Bewertungen, überall das Streben nach Effizienz, Schnelligkeit und Genauigkeit. Qualitäten, die ansonsten Maschinen zugeschrieben werden. Mit diesem Mindset wachsen die meisten von uns auf, als wäre es das normalste der Welt, und lernen dabei, im Unfrieden zu leben. Einige von uns genügen ein Leben lang nicht, andere ein wenig weniger nicht, nämlich solche, die es schaffen, weniger Fehler zu machen als andere. Irgendwann akzeptieren die meisten von uns, dass wir nicht allzu sehr Mensch sein sollten, um in der Gesellschaft zu bestehen. Dabei vernachlässigen wir nicht nur urmenschliche Fähigkeiten wie Kooperation, Toleranz oder
WeiterlesenVegane Landwirtschaft und Lebenshöfe
In der Schweizer Landwirtschaft gibt es nebst den bekannten Problemen – industrielle Tierhaltung, Pestizideinsatz, Bodenerosion usw. -, auch vielversprechende Alternativen. Eine davon ist die biologische Landwirtschaft mit guten Wachstumszahlen. Eine weitere Lösung, die punkto Tierhaltung noch konsequenter ist, heisst vegane oder pflanzliche Landwirtschaft. Darüber wollen wir hier berichten, und lassen erfahrene Vertreter*innen dieser Landwirtschaftsausrichtung gleich selber zu Wort kommen. Man versteht, dass die Bauern und Bäuerinnen sich heute gestresst fühlen. Sie erleben keine breite Wertschätzung mehr. Ihre Produkte werden nicht mehr existenzsichernd bezahlt. Nur wegen der staatlichen Subventionspolitik halten sie etwas länger durch. In diesem Spannungsfeld gibt es herkömmlich zwei Auswege: ‘Wachsen oder Weichen’. Entweder man schliesst sich zu grösseren Betrieben zusammen. Oder man gibt ganz auf – in den letzten 50 Jahren hat sich die Zahl der Bauernbetriebe in der Schweiz mehr als halbiert! (siehe Artikel von Alain Bopp in Vision 2035 Nr. 44) Erst wenige der verbleibenden Betriebe
WeiterlesenFoodsave-Bankett in Biel – Premiere gelungen
Dutzende Freiwillige haben am ersten Bieler Foodsave-Bankett aus 450 kg Gemüse 400 Menüs gekocht – und damit an einem Samstag den 23. September Menschen ganz unterschiedlicher Couleur auf dem Robert-Walser-Platz zusammengebracht. Ein Erntedankfest wars, um gemeinsam zu speisen und ein Zeichen gegen Foodwaste zu setzen. Eine der Freiwilligen gibt Einblick in Text und Bild. Highlight waren für mich definitiv die süss-sauren Apérohäppchen. Aber auch die bunten Salate, die Zucchetti-Cremesuppe wie auch die vegetarischen Capuns und gebackenen Patisson-Piccata, der kunterbunte Gemüseeintopf und die Bramata-Polenta überraschten nicht nur mich. Besonders Menschen mit engem Budget schätzten die Möglichkeit eines grosszügigen Drei-Gang-Menüs zum freien Preis. Weitere 700 kg Gemüse, die sonst als Bio-Gas oder Ackerdünger geendet hätten, warteten am Ad-hoc-Markt auf Abnehmer:innen. Der Esprit der Freiwilligen, die Freude an der Sache, das geniale Zusammenspiel der 30 das erste Bieler Foodsave Bankett mittragenden Organisationen, Jung und Alt neben und vor allem miteinander – haben erstens
Weiterlesen„Nichts muss perfekt sein, um gut zu schmecken“
2.8 Millionen Tonnen Foodwaste verursachen alle Akteure der Lebensmittelkette jährlich in der Schweiz. Eine unvorstellbare Menge. Das Ganze in 150 000 Lastwagen gefüllt, wird das Ausmass schon fassbarer. 330 kg pro Einwohner*in. Nun organisieren erstmals Engagierte in Biel ein Foodsave Bankett, um dieses Gesellschaftsphänomen zu thematisieren und vor allem auch um aufzuzeigen, was sich aus dem, was wir in den Auslagen gar nie zu Gesicht bekommen, Leckeres zubereiten lässt. Am 23. September steigt auf dem Robert-Walser-Platz hinter dem Bahnhof das erste öffentliche Bieler Foodsave Bankett inklusive kleiner Bar und kulturellem Rahmenprogramm. Mit im OK dabei sind Samantha Hübscher, Umweltberaterin und Köchin in der Tagesschule Leubringen, sowie Camille Poirier, Bibliothekarin und Freiwillige bei Robin Food. Sie erzählen, was ihnen Lebensmittel bedeuten und warum sie sich für deren Wertschätzung und gegen Verschwendung einsetzen. Was erwartet uns diesen Herbst am Foodsave Bankett? Samantha: Es gibt ein Apéro und ein 3-Gang-Menü aus geretteten Lebensmitteln,
Weiterlesen7. Begegnungsallmend – erstmals auf dem Terrain Gurzelen
2023 findet das jährliche Austausch- und Vernetzungstreffen für eine regenerative und solidarische Landwirtschaft auf dem Terrain Gurzelen in Biel-Bienne statt. Genauer vom 7 bis 9. April. Das ehemalige Fussballstadion wird seit 2017 zwischengenutzt und beherbergt zahlreiche soziale und landwirtschaftliche Projekte. Die Begegnungsallmend entstand 2017 in Anlehnung an Reclaim The Fields und dem Willen, sich Land, Ressourcen und Produktionsmittel, Wissen und Erfahrungen anzueignen und diese zu kollektivieren. Die Treffen bieten Raum und Zeit für Austausch und Vernetzung. Sie verfolgen das Ziel, eine solidarische, kollektive, regenerative und autonome Landwirtschaft sowie deren Kämpfe in unserem unmittelbaren Lebensumfeld und darüber hinaus zu stärken und zu unterstützen. Das Orga-Team, das sich jedes Jahr neu zusammensetzt, schafft so Raum, um gemeinsam zu lernen und sich zu organisieren: Sei es praktisch bei der Feldarbeit oder theoretisch bei Diskussionen um antiautoritäre und autonome Strukturen. Das Treffen wird durch die Teilnehmenden kollektiv gestaltet und es ist den Organisierenden wichtig,
WeiterlesenDie Bieler Saatgutbörse kommt…
Etwas später als der Frühlingsanfang, und nicht wie in den letzten Jahren mit Tauschkisten an verschiedenen Orten in Biel und Umgebung, knüpft das heurige OK an die früheren Jahre an und lädt dieses Mal zu einem Treffen auf dem Terrain Gurzelen, um zu tauschen, was unsere kleinen gesammelten Schätze an Gemüse-, Kräuter- oder Blumensamen hergeben. Am 8. April 2023 ab 14 Uhr geht es los mit der 8. Bieler Saatgutbörse. Sie findet dieses Mal in Kooperation mit der Begegnungsallmend statt, die vom 7. bis zum 9. April 2023 auf der Gurzelen veranstaltet wird (siehe 7. Begegnungsallmend – erstmals auf dem Terrain Gurzelen – Vision 2035). Es wird einen Vortrag und Führungen durch den SAGEZU-(Samengemeinschaftszucht)-Garten geben (Sagezu Biel). Interessierte können mit Robert Zollinger, dem Pionier der Erhaltung traditioneller Sorten und der biologischen Saatgutzüchtung in der Schweiz über die Vorgehensweise bei der Saatgutgewinnung diskutieren. Und natürlich kommt auch das leibliche Wohl mit
Weiterlesen13.5 Millionen Liter Trinkwasser für Biel – jeden Tag
Biel ist eine Wasserstadt – auch ohne Agglolac. Da sind die Quellen am Jurahang, die einst zur Gründung der Stadt an dieser Lage führten. Da ist der See, dessen Wasser sechs Mal im Jahr vollständig ausgetauscht wird. Da ist die Schüss mit ihren Armen, die das Stadtbild prägen. Da ist das Grundwasser, das bei jedem grösseren Bauvorhaben Spundwände nötig macht. Und wie läuft das eigentlich mit der Trinkwasserversorgung, den unsichtbaren Röhren, Pumpen und Reservoiren? Einblicke in Biels Wasserwelt mittels kleiner fiktiver Geschichten voller Fakten und Zahlen. In Madretsch steht eine Studentin frühmorgens in der Küche ihrer WG im dritten Stock eines Altbaus. Sie dreht den Kalt-Wasserhahn auf und lässt das Wasser laufen. Sie hat einmal in einem Artikel im Bieler Tagblatt gelesen, dass es ratsam sei am Morgen vor dem Trinken das Kaltwasser einige Minuten fliessen zu lassen, damit kein über Nacht in den Leitungen gestandenes Wasser im Glas landet.
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