Krieg und Gewalt sind im wesentlichen männliche Attribute, Frieden und Friedfertigkeit werden eher dem Weiblichen zugeordnet. Doch was steht der männlichen Friedfertigkeit eigentlich im Weg? Sind es die noch immer wirkenden patriarchalen Muster in unserer Gesellschaft? Ein Interview mit Markus Theunert, Leiter von maenner.ch, dem Dachverband progressiver Schweizer Männer- und Väterorganisationen, darüber, wie Männer von heute zur Verbesserung der Situation beitragen können und was es sonst noch dafür braucht. Was machen Männer falsch? – So muss man sich fragen, wenn wir an all die schrecklichen Kriege und Konflikte in jüngster Zeit denken. Das brutale Regime der Taliban in Afghanistan ist primär von Männern durchgesetzt. Für den mörderischen russischen Angriff auf die Ukraine ist Putin zum männlichen Sinnbild geworden, und für die Verteidigung und den Gegenangriff der Ukraine Selenski zum männlichen Ebenbild. Für die verabscheuungswürdigen terroristischen Überfälle der Hamas auf Israel sind, sowohl was die Planung als auch die brutale Durchführung
WeiterlesenKategorie: Gesellschaft
Kein Frieden ohne Gerechtigkeit
Das schweizerische Bürgerrecht grenzt einen Viertel unserer Mitbewohner*innen aus. Das ist ein demokratischer Skandal, den die Demokratie-Initiative jetzt angeht. Ein friedliches Zusammenleben setzt eine angemessene demokratische Inklusion voraus. Oft hören wir diesen Ruf: «Kein Frieden ohne Gerechtigkeit!», in Demos, in Diskussionen oder anderen aktivistischen Artikeln. Und tatsächlich: er fasst ein wichtiges Prinzip zusammen. Frieden ist viel mehr als die Abwesenheit von Krieg oder sichtbarer Gewalt. Frieden setzt ein gewisses Mass an sozialer und politischer Gerechtigkeit, an Freiheiten und sozialen und politischen Rechten voraus. Oft denken wir dabei an Menschen im Ausland, die unter verschiedenen Diskriminierungen und Ausgrenzungen leiden. Und wir solidarisieren uns entsprechend, organisieren Unterstützungskomitees, Demos und andere Aktionen, um Gerechtigkeit einzufordern. Gleichzeitig sind wir seit Jahrzehnten so durch die rechtsreaktionäre Hetze gegen die Ausländer:innen dominiert und eingeschüchtert – man denke an die Initiativen gegen die «Überfremdung» in den 1970er-Jahren, ausländerfeindliche Initiativen der SVP, zuletzt die neue Volksinitiative gegen die
WeiterlesenVom Ich zum Wir – wo der Frieden beginnt
Wieviel Anteil haben wir selbst an den Konflikten, die um uns entstehen, wenn die äussere Welt ein Spiegel unseres Innenlebens ist? Und wenn unsere Realität durch unsere Gedanken und Emotionen geformt wird, wie wirkt es sich auf die Welt aus, wenn wir uns erlauben, zu heilen? Als ich irgendwann innehielt, da merkte ich, dass ich nichts fühlte, ich innerlich taub war. Ich merkte, dass das Gegenteil von Liebe Nichts ist. Als ich genau hinsah, wurde mir bewusst, dass mein Leben voller Konflikte war, die meine inneren Verletzungen und Konflikte spiegelten. Schon immer sehnte ich mich nach Akzeptanz, danach geliebt zu werden, wie ich bin. Nur hatte ich schon früh gelernt, dass dies nicht nur unmöglich, sondern auch gefährlich war. So versuchte ich, zu gefallen, zu helfen, zu retten und Konfrontation zu meiden, in der Hoffnung, Verbindung zu schaffen. Dies erlaubte mir ironischerweise auch, mich zu verstecken und nicht wirklich auf
WeiterlesenDienstverweigerung – als Zeichen für den Frieden
Bereits vor über 100 Jahren eingefordert, aber erst vor 32 Jahren eingeführt: Dass es den Zivildienst heute gibt, ist keine Selbstverständlichkeit. Es brauchte manch Mutigen, der hin stand und den Dienst verweigerte. Tausende gingen dafür ins Gefängnis, dass sie nicht lernen wollten, im Konfliktfall zu töten. Ein Blick zurück, der den Autor insbesondere zu Exponenten aus der Region führt, die sich auf unterschiedliche Weise für einen Zivildienst stark machten und couragiert für Frieden einstanden. Denke ich an jenen Moment im September 2006 zurück, als ich mit damals 21 Jahren zur Gewissensprüfung erscheinen musste, durchläuft mich ein Schauer. Vor mir die Zulassungskommission, fünf Männer und Frauen mindestens, alle Augen auf mich gerichtet. Ziel der Befragung: mein Gewissen zu durchleuchten. Freilich: ich war gut vorbereitet, hatte selbst in einem zweiseitigen Gesuch eindringlich dargelegt, warum ich einen Militärdienst nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann und den Gebrauch von Waffen zur Konfliktlösung ablehne. Ich
Weiterlesen100 Jahre SCI Schweiz – im Einsatz für den Frieden
Die Geschichte des Service Civil International (SCI) geht zurück auf ein Treffen von christlichen Pazifistinnen und Pazifisten nach dem Ende des Ersten Weltkrieges in Bilthoven (NL). Mit dabei war der Schweizer Ingenieur Pierre Cérésole, der die Idee eines internationalen freiwilligen zivilen Dienstes für den Frieden als erster in die Tat umzusetzen versuchte – im Winter 1920/21 im kriegsversehrten Frankreich. Und vor einhundert Jahren – im Sommer und Herbst 1924 – fanden die ersten «Zivildiensteinsätze» auf Schweizer Boden statt: Ein Rückblick auf die Geschichte der Zivildienstbewegung – übernommen aus der Friedenszeitung. Im Oktober 1919, also weniger als ein Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, trafen sich christlich motivierte Pazifisten und einige Pazifistinnen aus mehreren europäischen Ländern im niederländischen Bilthoven im Haus des bekannten Reformpädagogen Kees Boeke, um zu diskutieren, wie kriegerische Katastrophen in Zukunft vermieden werden könnten. An diesem Treffen nahm, auf Anregung von Leonhard Ragaz, auch Pierre Cérésole teil:
WeiterlesenEine runde süsse Hoffnung
Kate Raworth traut dem vorherrschenden Glauben an das stetige wirtschaftliche Wachstum als Garant für bessere Lebensqualität für alle nicht mehr. Sie erklärt in ihrem Buch die Gründe für ihre Skepsis und formuliert Ansätze für ein Wirtschaftssystem, das sozial gerecht und regenerativ ist. Das Buch „Die Donut-Ökonomie“ hat Seltenheitswert: Es liest sich zügig trotz seiner Wissenschaftlichkeit. So erwähnt die Autorin immer mal wieder ihre Erfahrungen während der Studien- und Berufszeit und bekräftigt damit ihr grosses persönliches Engagement für ihr Thema. Sie lockert mehrmals die normalerweise ermüdende Wirtschaftsgeschichte mit unerwarteten Vergleichen auf: Zum Beispiel mit einem Shakespeare-Stück im Kapitel 2 oder mittels Metaphern wie „Das BIP ist der Kuckuck im Nest der Ökonomie“. Und sie integriert in jedem Kapitel Beschreibungen vorbildlicher Initiativen oder Projekte und haucht auf diese Weise der vermeintlich trockenen Theorie Leben ein: Zum Beispiel in Kapitel 5 mit der Schilderung wie William Kamkwamba mit 14 Jahren für seine Familie
WeiterlesenMehr Solidarität und weniger Eigentum
Wer kennt das nicht: Man hat mal wieder Lust auf ein Raclette, aber keinen Raclette-Ofen zu Hause. Wäre doch praktisch, wenn man einen solchen einmal im Jahr ausleihen könnte, statt zu kaufen, oder? Das entlastet nicht nur den Geldbeutel, sondern schont auch die Umwelt, da weniger Ressourcen verbraucht werden. Dieser Logik folgend, wurden in verschiedenen Schweizer Städten bereits „Objektbibliotheken“ eingerichtet. Die erste „LeihBar“ der Schweiz wurde 2018 vom Konsumentenschutz in Bern gegründet; mittlerweile gibt es sie auch in Delémont, Basel und Frauenfeld. Nachdem im Frühling 2023 ein erfolgreiches Crowdfunding durchgeführt wurde, konnte die Bieler Objektbibliothek im Sommer ihre Tore öffnen. Ihr Name: „LeihBaràObjets“. Seither gibt es über 200 Gegenstände auszuleihen. Darunter befinden sich Klassiker wie Bohrmaschinen und Sägen, aber auch eine Heckenschere oder eine Heissluftpistole. Neben Alltagsgegenständen findet man dort auch Überraschendes: Zur Herbstzeit waren insbesondere der Dörrex und die Vermicelles-Presse sehr gefragt und für Weihnachten gibt es neuerdings einen
WeiterlesenReparieren macht wertvoll
Der Kunde und die Kundin sollen keine Kaffeemaschine kaufen, sondern Kaffeemaschinen. Je billiger diese in Preis und Herstellung sind, desto kürzer die Lebensdauer und umso weniger lohnt sich wiederum eine Reparatur. Doch die Grenzen der Wegwerfkultur scheinen erreicht, die Gegenströmungen werden stärker. Zum einen an der Basis, wie beispielsweise mit Repair Cafés, zum andern in der Politik mit der aktuellen Gesetzesänderung, die die Kreislaufwirtschaft gesetzlich verankern möchte. Selbst vermeintlich langlebige Produkte wie Autos oder Küchengeräte wurden in den vergangenen Jahrzehnten schleichend zu Modeartikeln, die trotz voller Funktionstüchtigkeit in immer kürzeren Abständen gegen neuere ausgetauscht wurden. Konsum überwand seinen Zweck als Existenzerhaltung und wurde zum Lifestyle und Generator von Wachstum und materiellem Wohlstand. Das dies in Anbetracht der umweltpolitischen Krisen nicht ewig so weitergehen kann, war schon länger klar. Eine Umfrage des Konsumentenschutzes ergab bereits 2013, dass sich die Konsumentinnen langlebige und nachhaltige Produkte wünschen, die repariert werden können. Aus diesem
WeiterlesenreUsine: Neues Leben in alten Fabriken
Abrissaktionen, wie jene auf dem Bieler Mikron-Areal an der Alleestrasse, vernichten Ressourcen und graue Energie. Unnötig, findet das Komitee reUsine und setzt sich für ein Umdenken ein. Neue und zeitgemässe Nutzungen sollen in alten Fabrikarealen möglich werden und auf diese Art das einmalige historische Erbe von Biel erhalten. Warum das nachhaltig ist, wie sich die Stadt dazu positioniert und welche Schritte bereits erfolgt sind, darum geht es in diesem Bericht. Die ehemaligen Produktionsstätten der Bulova-Uhrenfabrik, des Bieler Schlachthofs und der Von-Roll-Kesselhalle sind längst verstummt. Nur die verbleibenden Gebäudehüllen sind Zeugen davon, dass sie einst pulsierende Herzstücke der aufstrebenden industriellen Ära waren. Doch die einstigen Industriestandorte erlebten und erleben einen bemerkenswerten Wandel. Die Uhrenfabrik wurde zu modernen Lofts umgestaltet, während der Schlachthof eine Zukunft als Kulturzentrum anstrebt. Und die Von-Roll-Kesselhalle ist heute weitaus bekannter als sogenanntes «Dispo», welches heute als eine der schönsten Schweizer Eventlocations gilt. Diese Transformationen verdeutlichen, wie ehemalige
WeiterlesenDie neuen Wanderlehrlinge – s’impliquer, au lieu d’être touriste
Sich Wissen aneignen, das für den ökologischen Wandel nötig ist, ohne gleich Hals über Kopf den Beruf zu wechseln oder eine Handwerker-Lehre anzufangen. Das Projekt „Sentiers des Savoirs – Pfade des Wissens“ will genau dies ermöglichen. Diesen Herbst waren nun in Biel und im Berner Jura die ersten sogenannten „Wanderlehrlinge“ unterwegs. Vision 2035 wollte von Prisca Müller-Zuber und Noé Thiel, zwei der Wissensträger*innen, erfahren, wie sie die Pilotphase erlebt haben und wie das Ganze zu einer anderen Wirtschaft beitragen kann. Prisca von MüZu, Was ist dir von dieser ersten Runde der Sentiers des Savoirs geblieben? Zunächst hat mich sehr gefreut, dass es viele Anfragen gab. Die Praktikumsplätze waren rasch ausgebucht. Das zeigt uns: der Bedarf für ein solches Gefäss ist da. Zwar sind nicht alle der „Wanderlehrlinge“ von Wissenvermittler zu Wissenvermittler gegangen, wie das eigentlich die Idee des Projekts ist. Aber das Bedürfnis jener, die kamen und gingen, andere Lebensformen
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