Ob Aufhebung der Sklaverei, Frauenstimmrecht oder Tierschutz, immer wieder ging und geht es in der Geschichte menschlicher Entwicklung um die Frage: darf man das? ist das fair? Ist das gerecht? Beim Konzept der Nachhaltigkeit handle es sich im Kern, so Uwe Schneidewind, um eine erweiterte Auffassung von dem, was wir als „gerecht“ bezeichnen. Gerechtes Handeln bezieht sich immer auf ein Gegenüber. Selbst wenn wir selbstgerecht Handeln haben wir eine Bezugsgrösse gewählt, nämlich uns selbst. Doch meistens beziehen wir uns auf ein Gegenüber. Das kann ein Partner eine Partnerin sein, aber auch eine andere Gruppe von Personen. Der Gerechtigkeitsbegriff wurde im Verlauf der Geschichte auf immer grössere Einheiten der Gesellschaft übertragen. 2017 schrieb Stephan Lessenich das Buch „Neben uns die Sintflut“. Eindrücklich beschreibt er darin die unfaire, strukturell verankerte Abschiebung sozialer und ökologischer Kosten unseres westlichen Lebensstils auf Länder des globalen Südens. Doch nicht nur in der geographischen Dimension findet diese
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Übers Zusammenleben und die Zukunft
Noch wuselt es nur so von Leben. Auf jedem Wiesenfleck, in jeder Pfütze, in jeder Stadt werkeln die unterschiedlichsten Wesen vor sich hin. Diese Masse macht Mut. Aber sie ist auch eine Herausforderung. Auszug aus einem Podcast, der dem nachgeht, was Zusammenleben ist – und was es noch sein könnte Die Erde ist eine ziemlich grosse Gross-WG. Unzählige Tiere, Pflanzen, Menschen, Bakterien und Pilze bewohnen einen einzigen Planeten. Und sie alle wollen Ähnliches und doch wieder völlig Anderes. Bei so viel Wollen und so wenig Platz scheint die Apokalypse nicht mehr weit. Wir für unseren Teil – wir, das sind Lou, Anja und Milena – wollen aber mehr Utopien und weniger Dystopien. Und am allerbesten ein paar geteilte Utopien, in denen es Platz für alle gibt. Aus diesem Grund haben wir uns gefragt: Was bedeutet das eigentlich, Zusammenleben, und was könnte es noch bedeuten? Wie sehen entsprechende Utopien und Bedürfnisse
WeiterlesenBlick zum Fenster raus
Wie eine neue Siedlung entsteht, aus dem Einzelnen ein kleines Dorf. Ein Einblick in die Wasenstrasse – Wohnbaugenossenschaft mit grosser sozialer Durchmischung und noch grösserem Potenzial. Friedensreich Hundertwasser (1928 – 2000), der bekannte Künstler und Architekt, vehementer Gegner jeder Standardisierung und «gerader Linie», sprach von drei Häuten, die uns umgeben. Die erste Schicht ist unsere natürliche Haut, dann folgt die der Kleider und als letzte die Mauer, unsere Wohnung oder Haus. In allen soll sich der Mensch wohlfühlen, allesamt sind intim und persönlich. Die Fenster, so Hundertwasser, sind Brücken zwischen dem Innen und Aussen. Als einer der ersten Mieter lebe ich seit August 2016 in der Siedlung Wasenstrasse, welche Teil der Bieler Wohnbaugenossenschaft biwog ist. Die Wohnungen fanden nur zögerlich neue Bewohner*innen; das Leben, erschwert durch die Baustelle des Neubaus, fand sich nicht zurecht. Das war der Ausgangspunkt der Equipe Bonwasinage, von drei Personen ins Leben gerufen, um der Siedlung
WeiterlesenTiny House als Alternative und Zukunftsmodell
Mit einer kleinen Idee zum grossen Ziel? Das Tiny House als Kleinwohnform soll es möglich machen. Die alternative Wohnform besitzt ein grosses Potential, das Wohnen der Zukunft zu revolutionieren. Der Traum vom Eigenheim erhält durch die Kleinwohnformen zunehmend Aufwind – geringen Baukosten und überschaubaren Unterhaltskosten sei Dank. Bei den Kleinwohnformen handelt es sich um einen praktisch ausgerichteten Gegenentwurf zum konventionellen Wohnen. Grundlagen bieten brachliegende Flächen bei Industrien und Überbauungen. Jede geschlossene Wohneinheit ist höchstens 40m2 gross. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Verdichtung nach innen. Kleine innerstädtische Flächen werden optimal ausgenutzt, landwirtschaftlich genutzte Flächen bleiben bestehen. Schliesslich sollen Lücken nutzbar gemacht werden. Der Verein Kleinwohnformen Schweiz zählt über 1000 Vereinsmitglieder und vertritt die Interessen dieser Wohnidee. Das Wort Tiny House steht sinnbildlich für alternative Wohnformen, wie das Miny House, die Jurte, den Zirkuswagen und die Musterwohnung. Das Miny House besteht aus natürlichen Baustoffen und bietet Platz für ein
WeiterlesenRatespiel – Wer bin ich?
„Wer bin ich?“, fragt unser Autor, und skizziert nach Darlegung des ganzen Problems eine Lösung auf, die diskutiert werden darf. Mehr sei an dieser Stelle noch nicht verraten. Also dann: rein ins Ratespiel. Hinweise Ich gelte als mitverantwortlich für enorme finanzielle Verluste, die der Gesellschaft auferlegt und von den Steuerzahlern getragen werden. Von Gesetzes wegen wird mir eine Schuld auferlegt, die sich regelmässig erhöht,denn Millionen von Menschen wollen, dass ich für meine Inkompetenz bezahle. Ich bin gezwungen, mit einem absoluten Minimum zu leben, und werde bezüglich eventueller Einnahmen, die mir automatisch weggenommen werden, beaufsichtigt. Ich bin ein Individuum, das sehr strikt kontrolliert wird,und muss mich sowohl beruflich als auch privat rechtfertigen und Rechenschaft ablegen. Ich benötige Spezialbewilligungen, wenn ich mein Zuhause verlassen will,und zwar für jede Zeitspanne über 48 Stunden. Ich habe mein Recht auf Schutz meiner Daten verloren, die der Schweigepflicht unterliegen,persönliche Auskünfte können ohne meine Zustimmung eingeholt werden. Es
WeiterlesenMehr als ein Dach über dem Kopf
Was vor über 100 Jahren mit der industriellen Revolution begann, hat immer noch Bestand und bekommt gar wieder Aufwind: Das Modell der Gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften. Einblick in deren Geschichte, Entwicklung und Zukunftsperspektiven – mit unter anderem ein paar Bieler Perlen – aus Anlass des 101 Jahre Jubiläums der Wohnbaugenossenschaften Bern Solothurn. Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften sind in der Schweiz sozialpolitisch wichtige, aber insgesamt schwach vertretene Wohnungsanbieter. Ungefähr 5% aller Schweizer Wohnungen sind im Besitz von gemeinnützigen Bauträgern. Höhere Anteile finden sich in den Städten z.B. Biel (14%), Thun (11%), Bern (10%) oder – am höchsten – in Zürich (23%). Wohnbaugenossenschaften stellen den Dritten Weg zwischen Miete und Eigentum dar. Das heisst, als Mitglied einer Genossenschaft ist man aufgrund des eingebrachten Eigenkapitals sowohl Mitbesitzer*in der eigenen Siedlung und trägt Verantwortung fürs Ganze, als zugleich Mieter*in und wohnt damit in einer Wohnung. Zentral im Zusammenhang mit der Diskussion um Wohnbaugenossenschaft ist der Begriff «gemeinnützig». Gemeinnützigkeit bei
WeiterlesenZivilgesellschaft vs Bürokratie: Möglichkeiten privater Unterbringung
Was können Wohnsituation, Zivilcourage und Benevol-Arbeit gemeinsam für abgewiesene Asylsuchende leisten? Und wer kann davon profitieren? Diese Fragen werden hier anhand der persönlichen Erfahrung des Autors beantwortet. Und es kommen Betroffene zu Worte. Viele abgewiesene Asylsuchende aus Ländern, in welche eine Rückkehr in absehbarer Zeit weder möglich noch zumutbar ist, leben jahrelang unter unwürdigen Verhältnissen in kollektiven Notunterkünften mit durchschnittlich 8 Franken Nothilfe pro Tag und regelmässigen Polizeikontrollen. Dies betrifft sowohl Junge, Kranke wie auch Familien mit Kindern, welche zum Teil sogar den Schulunterricht intern besuchen. Pfarrer Daniel Winkler, der sich bei Riggi-Asyl engagiert, sagt zur Situation der Langzeitnothilfe bei Menschen, die aus Ländern mit erschwerten Rückkehrbedingungen kommen – Tibet, Eritrea, Afghanistan, Iran usw.: „Die desperate Situation führt dazu, dass die betroffenen Menschen entweder depressiv und suizidal werden oder aber sich völlig gehen lassen. Beides ist für unsere Gesellschaft wenig wünschenswert.“ Viele von ihnen sind arbeitsfähig und -willig; der Antritt
WeiterlesenSolidarität ist Handarbeit
Gefährdung der Gesundheit am Arbeitsplatz, Stress mit dem Chef, Kündigung, Erwerbsausfall, Kurzarbeit oder andere Problemn wegen der Coronakrise – Über das Corona-Solifon unterstützen sich Arbeiterinnen und Arbeiter gegenseitig. Ein Gespräch mit Mitgründer Johannes Wetzel zur organisierten Selbsthilfe in Zeiten der Krise. Ein Jahr Corona-Solifon. Auf welche Erfahrungen blickt ihr zurück? Johannes Wetzel: Solifon ist eine Initiative des basisgewerkschaftlichen Umfelds vor allem aus der Deutschschweiz – spontan ins Leben gerufen im März 2020, also gleich zu Beginn der Coronapandemie. Es war wirklich schön mit welcher Selbstverständlichkeit einige entschlossene und motivierte Menschen das Solifon so schnell auf die Beine gestellt haben, ohne dass wir uns alle untereinander kannten. Die Wissensweitergabe und Selbstermächtigung war unser zentrales Motiv. Alle von uns hatten unterschiedliche Grundlagen, was Arbeit-, Sozial- und Mietrecht angeht. Alles in allem konnten wir rund 100 Anrufenden eine fundierte Rückmeldung geben, sie in ihrer Auseinandersetzung unterstützen oder an andere Stellen weiterleiten. 20 bis
WeiterlesenBuchtipp: Maja Göpel: Unsere Welt neu denken – Eine Einladung
Maja Göpel: Unsere Welt neu denken – Eine Einladung Danke für die Einladung, gern nahm ich sie an, wurde gut genährt: mit anregenden Gedanken, nachdenklich machenden Überlegungen, persönlichen Reflexionen, klaren Tatsachen, einleuchtenden Querverweisen. Wir wissen: wir haben nur eine Erde. Während früher viel Planet für weniger Menschen da war, ist nach Jahrhunderten der Ausbeutung nur noch wenig Planet für mehr als sieben Milliarden Menschen vorhanden. Was tun? Ideen, Initiativen, Interessengruppen gibt es – siehe Fridays for Future – die nach Möglichkeiten und Mitteln suchen, Wege finden, wie wir nachhaltig leben können. Diesen Zukunftsfragen widmet sich Göpel mit Sachverstand und Mut: sie begibt sich aus der Box bisheriger Denkweisen und imaginiert Anderes. Göpel formuliert in dem Buch vieles von dem, was ich in meiner Umgebung seit langem reflektiere und diskutiere: in welcher Gesellschaft wollen wir leben? Was brauchen wir wirklich? Bei ihr kommen Sachverstand, Wissen, einflussreiche Position, bildhafte Sprache und Formulierungskunst
WeiterlesenVertrauen im Lockdown
In der offenen Stadt bin ich zuhause. Hier kann ich kommen und gehen, wie es mir beliebt. Kann heimkehren von zu grossen Reisen, kann ankommen und auftanken. Me ressourcer. Ich kann Unbekannte treffen, mich auf ein Gespräch einlassen, von der Welt erzählen. Biel/Bienne sei die kleinste Metropole der Welt, hat ein Dichter gesagt. Ich kann die Stadt mit meinen Schritten durchmessen. Dem Wasser folgen von der Schlucht bis zum See. In einer Stunde. Hier kann ich flanieren, hier kann ich sein. Dann hat uns das Virus befallen, hat alles verändert. Die Regierung hat den LOCKDOWN verordnet. Wir sollten zuhause bleiben, damit das Virus nicht überspringen kann von Kontakt zu Kontakt. Die Strassen wurden leer und kalt, wir froren ein. Da war kein Ankommen mehr, keine Bleibe. Die offene Stadt im LOCKDOWN – ein krasser, eklatanter, himmelschreiender Widerspruch. Ça me révolte! Und doch war ich einverstanden. Ich habe die Bilder gesehen.
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