Kultur Bieler Perlen Urbanismus

Ein „lernendes Gebiet“ entsteht

Zu Beginn eine verrückte Idee, hat sich das Kulturschutzgebiet seit seiner Entstehung ständig weiterentwickelt. Das Stadtentwicklungskonzept für Nidau und Biel, bei dem die Bevölkerung die Hauptrolle spielt, nimmt konkrete Formen an.

Am Anfang träumten wir davon, auf dem Gebiet der ehemaligen Expo 02 zwischen Nidau und Biel etwas Undenkbares zu realisieren. Wir träumten von einem Projekt, das die Prinzipien der Nachhaltigkeit konsequent in die Stadtentwicklung einbezieht. Je länger wir darüber nachdachten, desto mehr glaubten wir daran. Am See unten haben wir eine Möglichkeit, die sich nur ganz wenigen Städten bietet. Es gibt dort eine Brache riesigen Ausmasses, die in anderen Städten längst überbaut worden wäre und die wir mitgestalten können. Wir sagten uns, dass wir diese Chance packen wollen. So fing alles an.

In der Folge beschäftigen wir uns mit der Frage, was Freiraum heutzutage ausmacht. Wir haben bereits einen Stadtpark, einen Schlosspark, einen Strandboden und Flanierzonen – Freiräume zum spazieren, spielen, Kaffee trinken und chillen. Doch unserer Meinung nach braucht es Orte, die wir auch tatsächlich mitgestalten können. Das Terrain Gurzelen dient als Beispiel, welche Dynamik ein Projekt entwickeln kann, wenn die Menschen aktiv ins Geschehen einbezogen werden. In vielen Städten wird mit dem Prinzip der Partizipation experimentiert. So zum Beispiel in Schaffhausen, wo für die Stadtentwicklung ein Mitspracherecht besteht. (www.entwicklungsstrategie-sh.ch)

Das zentrale Anliegen des Kulturschutzgebiets ist die Sicherung einer Freifläche im Zentrum des ehemaligen Expo-Geländes. Es soll eine parkähnliche Anlage mit verschiedenen Zonen entstehen, die mit Projekten verändert werden können. Wer sich am Kulturschutzgebiet mit einem Projekt beteiligt, zahlt einen gewissen Betrag für die genutzte Fläche. Mit diesem Geld wird dafür gesorgt, dass das Gebiet laufend aufgewertet wird. Unser Plan sieht vor, dass mindestens 50% der Fläche für gemeinnützige Projekte reserviert bleibt. Wichtig ist, dass kein Projekt das Gelände über längere Zeit blockiert. Allfällige Bauten sind innert kurzer Zeit demontierbar, und Projekte sind mehrheitlich von kurzer Dauer. Auf der Freifläche sollen Projekte kommen und gehen, voneinander lernen und zu neuen Ideen und Projekten reifen. Die Erkenntnisse werden laufend ausgewertet. Ein «lernendes Gebiet» entsteht. 

Mit dem Kulturschutzgebiet wollen wir eine Graswurzelbewegung ins Leben rufen, die für eine nachhaltige Entwicklung des Expo-Geländes einsteht. Das Kulturschutzgebiet ist keine klassische Zwischennutzung, die bald wieder verschwindet, sondern bietet Perspektiven für eine langfristige Nutzung. In einigen Jahren wird sich «tout Nidau et Bienne» am See unten treffen. Das Gelände wird ein Ort zum Entspannen, zum Loslassen, zum Arbeiten und zum Leben. Zukünftige Generationen haben jederzeit die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen zu verändern. Deshalb wird das Gelände nicht mit fixen Bauten zugestellt, sondern bleibt offen für die Menschen, die später einmal hier leben.

Wir sind angetreten mit der Vision, unsere Region mitzugestalten, und wir sind überzeugt, dass es zur Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen enorm wichtig ist, dass die Menschen mitreden und mitgestalten können. Die Zeiten des einseitigen, passiven Konsumierens sind vorbei. Wir brauchen neue Ansätze der Zusammenarbeit und des Zusammenlebens. Und für genau das steht das Kulturschutzgebiet.

Text: Manuel Stöcker lebt in Biel, ist im Kultur- und Gastrobereich tätig und arbeitet an Projekten, die den Raum erweitern.

Illustration: Michel Angele

Kulturschutzgebiet aktuell

Im Moment stellt der Verein Kulturschutzgebiet seine Idee bei politischen Parteien, Vereinen und Interessengruppen vor – im Gepäck eine Präsentation und viel Diskussionsstoff. Wer sich einen Abend lang mit dem Gebiet am See beschäftigen möchte, schreibt bitte an: info@kulturschutzgebiet.ch

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