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LabCity – mutig angerührt. Und jetzt?

Stattliche Bäume vor dem Bahnhof, üppig bepflanzte Mulden in der Nidaugasse, eine schwungvolle meterhohe Schlaufentreppe auf dem Zentralplatz: Tina Messer, Raphael Benz und Matthias Gebel haben im Rahmen der Aktion LabCity diesen Sommer in der Bieler Innenstadt mit der grossen Kelle angerichtet. Einfach mal machen und testen was wie ankommt statt lange reden, war dabei ihr Motto – immer im Austausch mit der Bevölkerung. Aber was bleibt, wenn bald abgeräumt wird?

Wie sieht die Stadt von Morgen aus? Das ist die zentrale Frage von LabCity, einer Aktion zur Wiederbelebung der Innenstadt, die diesen Sommer für Aufsehen gesorgt hat. Ursprünglich initiiert von der Stadt Biel, um eine Antwort auf das Ladensterben und die Einkaufs-Verschiebung ins Internet zu finden, war es nun ein Verein, der verschiedene Plätze bespielte. Gegründet haben ihn die beiden Bieler Kommunikations- und Eventbüros GebelGebel und Messer Benz. Die Stadt Biel ist zur Partnerin geworden und hat einen Beitrag von 150 000 Franken geleistet plus 50 000 Infrastruktur-Guthaben. Mehr als nochmal so viel habe man, so Tina Messer, über Private, Stiftungen und Geschäfte beschafft. Die Liste der Partner auf der Webseite von LabCity ist lang und reicht von der Autogarage bis zur Wildpflanzenköchin und von der Wirtschaftskammer bis zur Fasnachtsclique. 

Partizipation war allgemein ein wichtiges Element. Die Fragestellung: Was soll der städtische Raum bieten, was sind die Bedürfnisse? Die Herangehensweise: eine Online- Plattform zur Einreichung von Ideen. Im Frühjahr wurde particibienne.ch lanciert. 88 Vorschläge kamen im Zeitraum zwischen Anfang April und Mitte Mai zusammen. Schliesslich durfte nach einer Machbarkeitsprüfung seitens LabCity über eine Vorauswahl abgestimmt werden. Die Beteiligung hielt sich in Grenzen. Die Idee der Direktorin der Stadtbibliothek zur Belebung des Neumarktplatzes, die es auf Platz eins schaffte, erhielt 59 Stimmen, die LeihBaràObjets und die Mikro-Oasen auf Platz zwei je 44 Stimmen. Man bedenke: Biel zählt über 55 000 Einwohner*innen. 

Wichtiger ist, dass die Ideen umgesetzt werden. Im Falle der LeihBaràObjets, die am ORT entsteht, soll es Anfang 2023 losgehen. LabCity will das Projekt finanziell unterstützen. Und der Neumarktplatz soll nächsten Sommer angegangen werden. Womit wir bei der Frage wären: Was bleibt von LabCity? Von Tina Messer und Raphael Benz das Statement Es muss weitergehen. Idealerweise bekommen wir langfristig ein LabCity-Jahresprogramm hin.Wirtschaft und Private seien, wie dieser Sommer gezeigt habe, bereit zu zahlen, wenn auch sie etwas davon hätten, wie Sichtbarkeit. Das entstandene Netzwerk sei zu pflegen und auszubauen, und auch politisch Druck zu machen jetzt wichtig: In etwas zu investieren, das belebt, ist gut investiertes Geld.“ 

Weiter die Absicht, die Mulden, in denen unter dem Namen Biel blüht auf7 Pflanzinseln eingerichtet wurden, nächste Saison wieder aufzustellen. Wir sind daran, abzuklären, ob das möglich ist. Die Mulden kamen bei den Leuten sehr gut an.Und ganz konkret: 32 Bänke sowie 10 Holzwellen, die von lokalen Unternehmen und Künstlern aus Schweizer Holz für LabCity gefertigt wurden. Sie gehen in den Besitz der Stadt über und sollten, so Benz, gut 10 Jahre halten. Die Sommerinsel, die am unteren Quai Farbtupfer setzte, ist so konzipiert, dass sie stehen gelassen werden kann.

Apropos dieser Sitz- und Spielgelegenheiten: Für Raphael Benz sind sie das Highlight des Sommers. Es war so schön zu sehen, wie sehr sie geschätzt wurden, wie oft sie besetzt waren, wie Kinder darauf spielten oder Verliebte sich in den Armen lagen.Tina Messer pflichtet bei: Das Bereitstellen dieser Möbel war eine verhältnismässig simple Massnahme mit grosser Wirkung.Schon bei den Umfragen im Vorfeld und auf Particibienne seien auffällig oft Sitzgelegenheiten und Begegnungszonen gewünscht worden. Ebenso mehr Grün in der Innenstadt und ein gesünderes Klima. Andere grosse Themen wie die Schüss oder Verkehrsprobleme konnte man nicht so ohne Weiteres angehen. Unser Ding waren Prototypen, um der Stadt zu zeigen, was machbar ist und was wie wirkt, sagt Tina Messer. Funktioniert hätten dabei vor allem Elemente, denen man Raum geben konnte, wie die Bänke, die Mulden und das Bistro mit Skulptur auf dem Zentralplatz. 

Und natürlich die Bäume vor dem Bahnhof, aufgestellt in einer überraschenden Aktion an einem frühen Montagmorgen. Die umgehende Welle positiver Reaktionen, die darauf folgte, überraschte gar die Projektleiter. Wir haben offenbar einen Misstand aufgedeckt und gezeigt wie man etwas mit wenig schon ganz ganz viel besser machen kann, so Messer. Und ja, natürlich wäre es toll, die Bäume gleich zu pflanzen. Temporäre Aktionen hätten aber auch Vorteile: Die Nutzung des Raums bleibt so flexibel, unterschiedliche Interessen können besser wahrgenommen werden.

Text: Janosch Szabo, lebt in Biel und wünscht sich eine noch grünere Stadt.

Foto: © Andreas Bachmann

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