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Leben in Utopia oder vom Glück, auf der Welt zu sein

Ein Mädchen entdeckt auf dem Estrich ihrer Grossmutter etwas, das sie nicht kennt: Geld! Die Oma erzählt ihr dann die Geschichte davon und wie es kam, dass sie nun glücklich in einer Welt ohne Münzen und Scheine leben.

«Oma, schau mal! Was ist das? Ich habe es auf dem Estrich gefunden.»

«Das sind Münzen; es ist Geld. Meine Urgrosseltern brauchten es zum Leben.» 

«Oh! Wofür brauchte man Geld?» 

«Ursprünglich war es ein Tauschmittel, um mit Waren zu handeln. Vor Tausenden von Jahren waren die Menschen Nomaden, jagten und sammelten in der Natur nur, was sie gerade zum Leben brauchten. Als sie sesshaft wurden, begannen sie, Tiere zu züchten, Werkzeuge und Kleider herzustellen und auf den Feldern zu arbeiten. Der direkte Tauschhandel, wie er bis dahin stattgefunden hatte, wurde umständlich, da unhandlich. So wurde zuerst mit Muscheln, Reis, Salz und später mit Münzen und Geld als Zahlungsmittel gehandelt.» 

«Das klingt praktisch!» 

«Ja, die Menschen waren schon immer kreativ und entwickelten Neues. Die Völker wurden immer grösser, das Zusammenleben musste besser organisiert werden. Es galt, Handel, Besitz und Geld zu verwalten. Viel Gutes entstand – aber auch ungleiche Verteilung, Neid und Missgunst, Gier und Macht, und daraus Kriege.» 

«Was geschah dann?» 

«Als meine Urgrosseltern noch Kinder waren, gab es zwei Weltkriege. Danach musste Vieles wieder neu aufgebaut werden. Alles drehte sich um Wachstum und Wohlstand. Es wurde in Technik, Wirtschaft und Wissenschaft investiert. Immer mehr Menschen brauchten immer mehr Güter. Noch nie in der Menschheitsgeschichte hatte es solch einen materiellen Wohlstand gegeben und so viel Wissen.» 

«Oh, wow!» 

«Ja, doch das Wirtschaftssystem wurde ein Selbstläufer, wie ein Hamsterrad, welches sich immer schneller drehte. Alles wurde komplizierter, komplexer und unübersichtlicher und schien nur zu funktionieren, wenn es Wachstum gab und etwas rentierte. Sogar im Zwischenmenschlichen: So konnte man Geld verdienen, wenn man andere Kinder, kranke oder alte Menschen betreute. Nicht aber, wenn man sich um die eigene Familie kümmerte.»

«Oma, zum Glück ist das heute nicht mehr so!» 

«Ja, es gab auf der ganzen Welt viel soziale Ungerechtigkeit. Die Menschen waren getrieben und gefangen von diesem Wirtschaftssystem. Trotz hohem Arbeitspensum reichte es vielen nur knapp, das Allernötigste zu bezahlen, und sie hatten Angst um ihre Existenz. Auch Tiere und Natur mussten immer mehr rentieren und wurden ausgenutzt. Die Menschen hatten zwar mehr Güter als früher, waren aber nicht glücklicher.» 

«Und dann?» 

«Sie begannen immer mehr zu realisieren, dass materieller Wohlstand und Besitz allein nicht glücklich machen. Es gab schon damals Kulturen, welche darauf hinwiesen, wie wichtig andere Werte sind.» 

«Warum hatte man nicht auf die gehört?» 

«Man war es nicht mehr gewohnt, auf diese Weise das Leben zu betrachten, zu sehr war alles vom Geld abhängig geworden. Doch die Kinder lernten nun in den Schulen Achtsamkeit, Respekt und dass man auf die Natur und alle Lebewesen achten soll. Auch, dass eine gerechte Lebensweise wichtiger ist als Wachstum und materieller Wohlstand. Aber das Problem musste grundlegend neu angegangen werden. So entstanden kleine und grössere Gemeinschaften, die nach neuen Wegen suchten.

Zum Beispiel «Buen vivir», eine Lebensphilosophie, die ursprünglich von den indigenen Völkern Südamerikas stammt. Sie setzten auf neue Werte: Gleichgewicht und Gerechtigkeit. Sie hatten eine Plattform geschaffen, wo man Ideen einbringen konnte, um sich auszutauschen, wie diese neuen Werte gelebt werden könnten. Man begann im Alltag, Projekte zusammen zu gestalten und Formen einzuführen, wo spielerisch nach neuen Lösungen gesucht wurde. Kleine übersichtliche Kreise und Projekte. Die Erfahrungen wurden über die Plattform mit allen geteilt. Die Menschen sollten gut versorgt sein, damit sie ihre Grundbedürfnisse decken und ein würdiges Leben führen können, und gleichzeitig die Natur und alle Wesen respektiert werden.»

«Oh spannend, erzähl weiter.» 

«Geld wurde bis anhin für messbare Werte eingesetzt; für Produkte und Dienstleistungen. Werte, die nicht messbar sind, die wir Menschen, ja alle Wesen aber genauso brauchen, wurden nicht berücksichtigt. So gab es viele neue Bewegungen wie zum Beispiel die Colibris-lemouvement, inspiriert von Pierre Rhabi. Ökologisch, solidarisch, mit einem Dialog und Gleichgewicht zwischen persönlichem Handeln und Gemeinschaft. Oder auch Dr. Gerald Hüther, welcher die Akademie für Potentialentfaltung gründete. Es entstanden neue Formen des Zusammenlebens mit Respekt und Rücksicht; das Gleichgewicht und Wohlergehen aller Wesen im Fokus.»

«Und heute ist es möglich, ohne Geld zu leben, Oma.»

«Ja, mit dem Weltenpass sind nun alle Kulturen anerkannt. Dank dem Wohnrecht haben alle Menschen das Recht, ein Zuhause zu haben. Im Übergang durften die, welche bereits ein Haus oder eine Wohnung hatten, diese behalten. Für die, welche noch keine Wohnung hatten, wurde damals eine gebaut. Das Wohnrecht wird kommenden Generationen weitergegeben. Auf eine gewisse Anzahl Wohnrechte kommt heute ein Landwirtschaftsbetrieb hinzu, wo Nahrung biologisch und im Einklang mit der Natur und ihrer Vielfalt produziert wird. Die Menschen helfen mit. Auch ältere Menschen und Menschen mit Behinderung werden einbezogen und dürfen mithelfen, so viel sie können und möchten. Kreativität ist sehr wichtig. Erfahrungen und Wissen werden ausgetauscht, man trifft sich und hilft einander aus. Menschen können ihre Talente und Begabungen zum Wohle aller einbringen.» 

«Zum Glück leben wir heute in einer gerechteren Welt, danke Oma!»

Text und Illustration:
Karin Rudin Walker Designerin für das kleine, feine Glück, Künstlerin, Animation und Stopmotion.

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