Der Kunde und die Kundin sollen keine Kaffeemaschine kaufen, sondern Kaffeemaschinen. Je billiger diese in Preis und Herstellung sind, desto kürzer die Lebensdauer und umso weniger lohnt sich wiederum eine Reparatur. Doch die Grenzen der Wegwerfkultur scheinen erreicht, die Gegenströmungen werden stärker. Zum einen an der Basis, wie beispielsweise mit Repair Cafés, zum andern in der Politik mit der aktuellen Gesetzesänderung, die die Kreislaufwirtschaft gesetzlich verankern möchte.
Selbst vermeintlich langlebige Produkte wie Autos oder Küchengeräte wurden in den vergangenen Jahrzehnten schleichend zu Modeartikeln, die trotz voller Funktionstüchtigkeit in immer kürzeren Abständen gegen neuere ausgetauscht wurden. Konsum überwand seinen Zweck als Existenzerhaltung und wurde zum Lifestyle und Generator von Wachstum und materiellem Wohlstand.
Das dies in Anbetracht der umweltpolitischen Krisen nicht ewig so weitergehen kann, war schon länger klar. Eine Umfrage des Konsumentenschutzes ergab bereits 2013, dass sich die Konsumentinnen langlebige und nachhaltige Produkte wünschen, die repariert werden können. Aus diesem Anlass organisierte der Konsumentenschutz kurzerhand das erste Repair Café der Deutschschweiz. Das aus Holland stammende Konzept von sozialem Event und (Mit-)Hilfe bei einer Reparatur von Gebrauchsgegenständen ist bis heute ein Erfolgsmodell. Es wurden seither über 200 Repair Cafés in der Schweiz gegründet, so auch in Biel, Grenchen, Moutier und Bern.
In Bundesbern interessierte sich jedoch lange niemand für das Thema. Noch 2019 wollte das Parlament von einer Motion zur «Reparaturfreundlichkeit» nichts wissen und hat sie gar nicht erst zur Abstimmung gebracht. Erst ein Jahr später kam die Trendwende: Unter dem Titel «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» entschied die zuständige Kommission, das Umweltschutzgesetz zu revidieren. Reparieren wurde im Fahrwasser der Kreislaufwirtschaft ins Gesetz «gespült».
Durch die Gesetzesrevision soll es möglich werden, Regulierungen der EU zu übernehmen. So sollen in Europa zum Beispiel Reparatur-Informationen und Ersatzteile für alle zugänglich werden, und Techniken, welche eine Reparatur verhindern, explizit verboten werden. Das sind zwar gute und wichtige Ansätze, aber auch diese werden nicht für den benötigten Kulturwandel reichen, vor allem solange weiterhin Schnäppchenjagten im „Black Week“-Sonderverkauf angepriesen werden. Stattdessen bräuchte es eine „neue“ Normalität, in welcher Produkte auch nach einer Reparatur als „neu“ angesehen werden. Um das zu Erreichen stehen sowohl den Repair Cafés als auch dem Konsumentenschutz noch viel Arbeit bevor.
Nächste Termine des Repair Café Biel/Bienne:
16. März 2024
4. Mai 2024
24. August 2024
19. Oktober 2024
Text:
Marius Wiher ist Leiter Nachhaltigkeit, Energie und Mobilität beim Deutschschweizer Konsumentenschutz. Er wohnt mit seiner Familie in Biel/Bienne und unterstützt hier sowohl das Repair-Café wie auch die LeihBaràObjects beim Aufbau und in Sachen Medienarbeit.
Foto:
Mathias Luggen / Konsumentenschutz 2023, „Repair-Café Biel“