In Chile herrscht seit Mitte Oktober ein sozialer Ausnahmezustand. Tägliche Proteste bringen die Unzufriedenheit der Chilenischen Bevölkerung mit dem neoliberalen System zu Tage. Eine mehrwöchige teilnehmende Beobachtung der Protestbewegung ergründet die unterschiedlichen Aspekte des Aufstands. Es ist Freitag in Santiago de Chile. Und wie jeden Freitag seit dem 18. Oktober 2019 strömen nach Feierabend tausende Menschen Richtung Plaza Italia, Epizentrum der Proteste in Chile und mittlerweile kurzerhand umbenannt in Plaza Dignidad, Platz der Würde. Von Weitem jagen einem Tränengasschwaden das Wasser in die Augen. Unbeirrt wandern tausende Menschen aus allen Richtungen zum zentralen Platz des Unmuts. Zerstörte Busstationen, vollgesprayte und bemalte Wände, verbarrikadierte Schaufenster zeugen von den wochenlangen Protesten, die Chile in einem unruhigen Ausnahmezustand hinterlassen. Sozialer Aufstand „Estallido social,“ sozialer Ausbruch, wird die Gesamtheit der Protestbewegung genannt. Auslöser war eine Preiserhöhung der Metrotickets um 30 Pesos, rund 4 Rappen. Darauf reagierten Schüler und Studenten mit Blockaden der Metrostationen, die
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