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Wo das Trinkwasser in 3 km Entfernung liegt

Auf einer Reise im Oktober 2021 in die Demokratische Republik Kongo musste Noël Tshibangu feststellen, dass der Zugang zu Wasser respektive zu sauberem Wasser selbst in tropischen Klimagegenden eine Herausforderung ist. So zum Beispiel in der Stadt Mbuji-Mayi wie auch in den umliegenden Dörfern. Der Fall Bena Kalemba ist besonders kompliziert. Aufgrund der erheblichen Schwierigkeiten dieses rund 60 km von der Provinz-Hauptstadt entfernt liegenden Dorfes hat Tshibangu das Projekt Wasserkette ins Leben gerufen.

Im Dorf Bena Kalemba leben schätzungsweise 4’000 Menschen. Diese haben täglich damit zu kämpfen, an sauberes Wasser zu kommen. Die Lebensbedingungen sind schwierig und die Menschen materiell eher arm. Sie müssen sehr viel Zeit und Energie aufwenden, um sich schon nur mit Wasser für den täglichen Bedarf zu versorgen. Da es fast nur Strohhütten gibt, können die Dorfbewohner kaum Regenwasser sammeln für ihren Alltag. Der Regen dient meistens zum Duschen. Der See Lomba liegt etwa 3 Kilometer entfernt. Von dort versorgen sich die Menschen mit Wasser zum Leben: zum Trinken, Kochen, Waschen und für die Körperpflege. Da kaum grössere Wassertanks vorhanden sind, bieten die unaufhörlichen Schlangen von Frauen mit Wassereimern und Krügen auf dem Kopf einen traurigen Anblick. Nicht gerade als Gegenbild zu bezeichnen sind die zahllosen männlichen Kinder und Jugendlichen, welche aus der Not ihren «Beruf» gemacht haben. Anstatt zur Schule zu gehen, transportieren sie mit wirklich alten Fahrrädern, allesamt sattellos und teilweise nur noch auf den Felgen rollend, Wasser – in Plastikkanistern, die sie an die Fahrräder schnüren. Dieses Wasser bieten sie sodann den Dorfbewohnern zum Verkauf an. 

Gräber verseuchen das Grundwasser

Auf Nachfrage berichten die Dorfbewohner, dass Bohrungen für Wasserpumpen ergeben hätten, dass das Grundwasser verseucht sei. Dies aufgrund der verstreut angelegten Grabstätten. Die Bewohner dieser Region fürchteten nämlich während des vorigen Regimes, dass das Katasteramt, als es Reformen ankündigte, ihnen das Land ihrer Vorfahren wegnehmen würde. Und weil niemand in diesen Dörfern je einen Grundbucheintrag gehabt hat, begruben sie die Toten verstreut bei ihren Häusern statt auf einem Friedhof, um so ihren Anspruch auf das Land zu bekräftigen. Laut Berichten verseuchen nun Balsamierungsflüssigkeiten wie auch die Cholera – viele starben an Cholera – das Grundwasser. Eine Verbrennung der Toten findet bis heute traditionellerweise nicht statt.

Dachrinnen, Tanks und Velos für Bena Kalemba

Aus dieser oben geschilderten vielschichtigen und komplizierten Ausgangslage heraus ist das Projekt Wasserkette entstanden. Die Idee zum Namen entstand, weil viele Menschen in verschiedenen Kontinenten an der Unterstützung für die Wasserversorgung in Bena Kalemba beteiligt sind und sein werden. Des Weiteren möchten wir vor allem mit alten Velos aus der Schweiz die Versorgung mit Wasser verbessern und erleichtern. Die Velokette steht hier als Symbol für das Transportieren von Wasser. „Wasserkette“ ist Menschen- und Velokette zugleich. Es wird von einem neu gegründeten Verein gWUSES mit Sitz in Biel getragen. gWUSES steht für geteiltes Wissen in Umweltschutz, Sport, nachhaltiger Entwicklung und Selbstbestimmung. Mit Wasserkette soll auch ein Dialog und bestenfalls ein Transfer von Technologien, Wissen und Erfahrungen im Umgang mit Wasser und in weiteren Umweltaspekten ermöglicht werden.
Beim Projekt Wasserkette geht es primär um ein Bündel von Massnahmen zur Sicherstellung des Zugangs zu sauberem Wasser: Es geht beispielsweise darum, den Dorfbewohnern Dachrinnen und Reservetanks zur Verfügung zu stellen, und ihnen fahrtaugliche Fahrräder zu besorgen. Für das Sammeln und Reparieren der alten Velos aus der Schweiz hat gWUSES verschiedene Kooperationskontakte etabliert wie beispielsweise mit Velafrica.ch. Der ORT steht uns auch zur Seite. 

Erfahrungsaustausch zwischen Nord und Süd

Auch wichtig: den Menschen in Bena Kalemba das Fahrradfahren beibringen, mit ihnen Velo-Reparaturwerkstätte aufbauen und betreiben, die Kinder aus diesen «Zwangssituationen» befreien, die Zeit und die Distanz für die Wasserversorgung im Alltag verkürzen. Dieses Projekt zielt langfristig auf die Verbesserung der Chancen hinsichtlich des Zugangs zu Wasser.

Noch wichtiger für den Verein gWUSES sind die weiteren ökologischen Gedanken und Aktivitäten, welche auf einen Erfahrungsaustausch zwischen Menschen (Fachpersonen und Laien) im Norden, speziell in der Schweiz, und Süden abzielen. Mittels Treffen, Austauschforen und gemeinsamen Workshops sollen regelmässig Wissens- und Umwelterfahrungen geteilt werden. Denn die Ressource Wasser ist zu schützen und den Menschen für das Leben und für die Ernährung zur Verfügung zu stellen.

Text und Fotos:
Noë
l Tshibangu stammt aus der Demokratischen Republik Kongo, ist Initiator des Projekts und Gründungspräsident des Vereins gWUSES.

Für mehr Informationen:

Projekt Wasserkette
Verein gWUSES
Schmiedweg 22
2503 Biel/Bienne

078 615 70 55

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