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Tiny House als Alternative und Zukunftsmodell

Mit einer kleinen Idee zum grossen Ziel? Das Tiny House als Kleinwohnform soll es möglich machen. Die alternative Wohnform besitzt ein grosses Potential, das Wohnen der Zukunft zu revolutionieren. Der Traum vom Eigenheim erhält durch die Kleinwohnformen zunehmend Aufwind geringen Baukosten und überschaubaren Unterhaltskosten sei Dank.

Bei den Kleinwohnformen handelt es sich um einen praktisch ausgerichteten Gegenentwurf zum konventionellen Wohnen. Grundlagen bieten brachliegende Flächen bei Industrien und Überbauungen. Jede geschlossene Wohneinheit ist höchstens 40m2 gross. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Verdichtung nach innen. Kleine innerstädtische Flächen werden optimal ausgenutzt, landwirtschaftlich genutzte Flächen bleiben bestehen. Schliesslich sollen Lücken nutzbar gemacht werden. 

Der Verein Kleinwohnformen Schweiz zählt über 1000 Vereinsmitglieder und vertritt die Interessen dieser Wohnidee. Das Wort Tiny House steht sinnbildlich für alternative Wohnformen, wie das Miny House, die Jurte, den Zirkuswagen und die Musterwohnung. Das Miny House besteht aus natürlichen Baustoffen und bietet Platz für ein bis zwei Bewohner. Es versorgt sich sehr autark mit Energie über Solarzellen. Die Mobilität ist – wenn auch gegeben – eingeschränkt. Für den Umzug bedarf es eines Krans zum Aufladen auf ein Begleitfahrzeug. Die Luft-Wärmepumpe sorgt für Warmwasser. 

Prototypische Tiny Häuser verfügen über eine Strassenzulassung und sind daher für den Transport über Autobahnen geeignet. Solaranlagen bieten ausreichend Strom. Weiteres Merkmal für ein autarkes Wohnen kann die enthaltene Verbrennungstoilette (direktes Verbrennen von Fäkalien) sein. Sofern das kleine Haus für einen Transport auf Autobahnen konzipiert ist, ist die Wohnfläche dementsprechend überschaubar. Durch den optimal ausgenutzten Raum, auch durch Mehrfachnutzung von Einrichtungen, ist das Wohnen nicht beengend. Diese Eckpunkte harmonieren mit einem minimalistischen, auf Freiheit ausgerichteten Lebensstil. 

Die so genannte Jurte stellt auch eine – wenn gleich weniger populäre – nachhaltige Wohnform dar. Auch hier spielen nachwachsende Rohstoffe und autark funktionierende Solarmodule eine zentrale Rolle. Durch die fehlende Wasserzufuhr müssen die Bewohner Wasser für den täglichen Bedarf anderweitig organisieren. Dennoch überzeugen die Vorteile wie der relativ schnelle Auf- und Abbau. 

Upcycling ist ein wichtiges Stichwort im Kontext der Nachhaltigkeit. Durch gezielte Aufwertung haucht man scheinbar nutzlosen Abfallprodukten neues Leben ein. Beispielsweise werden Zirkuswagen so zu wohnlichen Behausungen auf vier Rädern umfunktioniert. Dank der vorhandenen Grundstruktur sind höchstens bauliche Modifikationen notwendig. Die Strom- und Wasserzufuhr geschieht nicht autark. Ein Wechsel des Abstellortes gelingt beispielsweise mit Hilfe eines Traktors. 

Was sind die Chancen für die Gesellschaft durch ein Kleinhaus?

Gesellschaften zeichnen sich durch spezifische Probleme aus. Viele von ihnen teilen ein Problem: das Wohnen. Dieses Thema nimmt an Komplexität zu, weil es in einem Spannungsfeld aus steigenden Mieten, knapper werdendem Baugrund, unverhältnismässiger Ressourcennutzung und dem CO2-Ausstoss steht. Dies sind die Probleme potentieller Eigenheimbesitzer. Die, die ein so genanntes Downsizing anstreben, kommen mit den kleinen Häusern voll auf ihre Kosten. Inspirationsquelle sind hierbei die USA, woher die Tiny House-Bewegung stammt. Das Erfolgskonzept findet auch in der Schweiz immer mehr Anklang. 

Generell legt die Eigenkapitalquote beim Bau eines Haues vielen BauherrInnen einen Stein in den Weg. Diese ist bei Tiny Häusern sekundär – Anschaffungskosten/Ausbaukosten sind auf einem viel tieferen Level als beim Hausbau – und eröffnet damit einer grösseren Bevölkerungsgruppe Zugang zum Wohnungsmarkt. Zudem verursacht das Grundstück (Baurecht oder Miete) geringere Kosten. 

Der ökologische Fussabdruck der Gesellschaft schrumpft, wenn mehr Menschen von dieser Wohnformen Gebrauch machen. Durch den geringeren Platz reduziert sich die Sammlung von Habseligkeiten. Reduzieren, verzichten, loslassen sind wichtige Impulsgeber, das Bewusstsein der Konsumgesellschaft nachhaltig zu verändern. In der heutigen Zeit ist Mobilität ein wichtiger Faktor bei der Wahl des Arbeitsplatzes. Ein fest verankertes Eigenheim kann hier hinderlich sein. Ein mobiles mit dem Pkw bewegbares Haus dagegen setzt neue Massstäbe in Sachen Flexibilität. 

Aus politischer Sicht sind die Wege zur Platzierung einer Kleinwohnform hierzulande noch nicht vollends geebnet. Die vorhandenen Baubewilligungen für den konventionellen Hausbau gelten auch für diese Bauten und führen damit zu unverhältnismässig hohem Aufwand und Kosten. Dabei gäbe es einige Vereinfachungsanhaltspunkte: Zum Beispiel Pläne, die weniger detailliert sein müssen als bei herkömmlichen Bauten. Auch, ob das Profil einer Kleinwohnform ausgesteckt werden muss, ist immer eine Diskussion. Eine Lösung muss in Zukunft für die Erschliessung und die Forderung für Autoabstellplätze nach heutigem Bau/Mobilitätsreglement gefunden werden. Denn die Forderung nach Parkplatzlösung ist bei diesem oft autofreien Lebensstil nicht mehr zeitgemäss.

Tiny House als Kleinwohnform in der Realitä

Die theoretische Überlegung sämtlicher Wohnformen sowie die einzelnen Vorteile stehen auf der einen Seite. Auf der anderen Seite stehen die Erfahrungen der Bewohner. „Etwas von seinem Komfort abgeben“, davon ist Johannes Gerber überzeugt, stelle den Schlüssel zur Nachhaltigkeit dar. Der stolze Besitzer eines Tiny Houses hat dieses selbst entworfen und in Eigenregie gebaut. Der Minimalismus tue ihm gut. Das Ausmisten von Bekleidungsstücken war die Initialzündung für den Zimmermann. Besonders nachhaltig war die Beschaffung der Baustoffe beim Bau. So stammen die Fenster aus Fehlproduktionen oder das Parkett aus Restposten. Bereits beim Hausbau selbst konnte er die Energiebilanz seiner Behausung massiv aufwerten. Insgesamt belief diese sich auf einen Zehntel der sonst benutzten grauen Energie im Vergleich zu einem herkömmlichen Einfamilienhaus. Das Duschen macht die Energieeffizienz deutlich. Johannes Gerber erwärmt dazu vier Liter Wasser auf dem Herd. Solche Prozesse sowie Wäsche waschen ohne Waschmaschine sind aufwändiger, aber gleichzeitig ressourcensparender. Durch die überschaubare Grösse des Wohnraums ähnelt das Haus eher einem Wohnwagen. Zumal die Wohnunterkunft mobil und damit flexibel verlegbar ist – wie ein Wohnwagen, aber mit „Plus“. Die 30 Quadratmeter grosse Behausung hat einen Betrag von schätzungsweise 100 000 Franken gekostet. Durch diese Ausgangslage sind die getätigten Investitionen sehr rasch über 14 Jahre amortisiert und machen diese Wohnform interessant.

Foto: Wohnen auf 30 Quadratmetern: Das Tiny House unterstützt Johannes Gerber mit seiner Mobilität und Grösse.

Thomas Bachmann, ehemaliger Präsident Wohnbaugenossenschaft biwog und Mitglied OK 101-Jahre-Jubiläum Biel

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