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Sanfte Akteure zwischen Flora und Fauna

Erst vor knapp zwei Jahren gegründet, entwickelt sich «Wild & Schön» sehr positiv:
mit vernetzten Naturgärten soll die Biodiversität eingeladen und unterstützt werden.

Du hast im Mai 2021 das Projekt «Wild & Schön» gestartet, für mehr Schmetterlingsärten und Biodiversität im Drei-Seen-Land (siehe Vision 2035, Ausgabe 36). Was ist seither passiert?

Enorm viel; das Projekt ist explodiert! Wir haben eine Website erstellt, eine Expert*innengruppe aufgebaut, einen Kriterienkatalog für die Gärten erstellt und einen Verein gegründet. Inzwischen wurden schon 35 Gärten evaluiert und ca. 50 weitere stehen auf der Warteliste.

Es wurde ein erster «Chemin Gourmet» durchgeführt, ein regionaler Tagesausflug mit Gartenbesichtigungen und kleinen Degustationen. Ausserdem konnten Gartenbesitzer*innen an einem Samstags-Markt in Nidau ihre Produkte verkaufen.

Wer unterstützt das Projekt?

Überall öffnen sich Türen; das Projekt fliesst auch sich heraus: wir arbeiten mit Pro Natura, dem Papiliorama und der Naturschule Seeland zusammen. Und obschon «Wild & Schön» nicht ganz den Kriterien der NRP («Neue Regionalpolitik», d.h. Förderung der Regionen durch Bund und Kanton) entspricht, wurde doch ein Förderbeitrag gesprochen, weil es ein innovatives Projekt ist und Kleinunternehmen und den Tourismus fördert.
Ideell und konkret mit Arbeit und Ideen unterstützen uns auch die «sanu ag», Tourismus Biel-Seeland, der WWF Bern, die Vorstandsleute, unsere Gartenexpert*innen, Innovage und andere.

Es ist doch zum Verzweifeln: die Intensivierung der Landwirtschaft, die Zersiedlung der Landschaft, der Lebensraumverlust, breiter Pestizideinsatz, etc. führen zu einem massiven Rückgang der Schmetterlingsvielfalt und der Biodiversität ganz allgemein. Wie schaffst du es überhaupt, positiv zu sein?

Ich versuche, mich nicht auf das Negative, sondern voll auf das Positive zu konzentrieren. Mit unserem Projekt machen wir langfristig kleine Schritte. Viele kleine Dinge bewegen das Grosse: das ist die beste Formel für positive Veränderung. Viele junge Menschen verzweifeln; es ist unsere Aufgabe als Eltern und Grosseltern, Hoffnung zu spenden und voranzugehen.
Als Coach sehe ich, dass man nur den «Schalter umlegen» muss, um Veränderungen zu bewirken; bei der Biodiversität ist es dasselbe.

Was sind unerwartete Herausforderungen?

Die grösste Herausforderung ist der Bedarf an weiteren finanziellen Mitteln. Wir benötigen einen Fundraiser oder ein Fundraiserin, um langfristig überleben zu können. Die Geschäftsstelle muss ausgebaut werden; es braucht noch mehr Leute.
Eine weitere Herausforderung ist, dass die aufgenommenen Gärten noch sehr verstreut sind. Wir möchten, dass sie zusammenhängender sind, und denken z.B. an einen Schmetterlingskorridor vom Papiliorama bis nach Neuchâtel. So könnten wir aktiv und gezielt nach Gärten suchen, um sowas zu verwirklichen.

Der Kriterienkatalog gibt immer wieder Anlass zu Diskussionen; Was macht man beispielsweise mit Buchs? Bekämpft man ihn mit natürlichen «Pestiziden» oder soll man ihn ausreissen?

Von 35 Gärten wurden 28 als Naturgärten aufgenommen. Die 7 anderen haben das grösste Veränderungspotential; wir dokumentieren jetzt für einen Garten die Umwandlung.

Wie wird ein Garten aufgenommen?

Wir beurteilen grosszügig und annähernd die Biodiversität eines Gartens. Wichtig sind dabei viele verschiedene Elemente, wie z.B. Wildhecke, Bäume, Sandlinsen, Asthaufen, Wildblumenwiese, Hochstamm-Obstbäume und «Laisser-faire-Säume». Wichtig sind auch einheimische Pflanzen, die man gezielt setzen kann, denn insbesondere Schmetterlinge sind auf sie angewiesen: als Futterpflanzen für die Raupen, als Nektarpflanzen, aber auch für Unterschlupf & Überwinterung.

Einige weitere Aspekte:
• Der Gartenunterhalt: eher weniger, aber bewusst machen.
• Versiegelte Flächen werden abgerech- net, es wäre toll, sie zu entsiegeln.
• 3D-Elemente: Bäume, Sträucher, evtl. Hausbegrünung (Reben, Efeu…)

Wir möchten die Gärten mit Pflanzen so gestalten, dass Tiere und Insekten in die Gärten eingeladen werden. Ihre Ansiedlung im Garten kann nicht erzwungen werden; in diesem Sinne sind wir safte Akteure zwischen Pflanzen und Fauna.

Andreas Bachmann, Redaktion Vision 2035; interessiert an Themen rund um Natur, Ökologie, Konsum und Gesellschaft.

Interviewte: Ursi Singenberger, Life-Coach, Geografin und Visionärin.

Foto: © Fritz Berger

Weitere Infos: www.jardins-papillons.ch

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