An Hans-Ulrich Köhli, bekannt als HUK vom Velokurier, kommt keiner vorbei, der den Bieler Bäumen an den Kragen will. Er setzt sich seit vielen Jahren für sie ein –wenns sein muss durchaus vehement, und im Speziellen für jene vor seinem Balkon.
Vom biologischen Standpunkt her hat Hans Ulrich Köhli keine vertieften Baumkenntnisse. Das gibt es ganz offen zu. Aber emotional fühlt er sich ihnen so sehr verbunden, dass er sich seit nunmehr über 20 Jahren für sie stark macht, wie kaum ein anderer in Biel. „Bäume sind extrem offen. Ich gebe ihnen meine Energie und Liebe und bekomme von ihnen das mehrfache zurück“, sagt Köhli zu dieser Gefühlsbeziehung, und dass jeder, der im Wald spazieren gehe oder einen Baum umarme, das erleben könne. Die positive Wirkung von Bäumen auf das Wohlbefinden der Menschen sei übrigens nicht einfach Esoterik sondern wissenschaftlich nachgewiesen.
HUK auf jeden Fall tankt diese universelle Energie, wie er sie nennt, jeden Tag beim Blick ins Grüne von seinem Balkon auf der Rückseite der Alexander-Schöni-Strasse, mitten in der Stadt. Das Wäldchen hinterm Gaskessel ist gemeint. Hans Ulrich Köhli hat schon als junger Mann für diesen Flecken Stadtgrün gekämpft. Er war gerade mit seiner ersten Frau Barbara (verstorben 2011) von einer Weltreise zurückgekommen, als die Bäume vor dem Haus Parkplätzen weichen sollten. Das Paar war entsetzt, sammelte Unterschriften im Haus und protestierte beim Eigentümer – mit Erfolg, das Projekt wurde fallengelassen. Ab da kam die Sache mit den Bäumen so richtig ins Rollen.
Eine Schlüsselerlebnis hatte Köhli kurz zuvor im indischen Dschungel gehabt: eine Begegnung mit einem in Freiheit lebenden Tiger. Ein überwältigender Moment, wie er sagt: „die spezielle Kommunikation mit seinen Augen gab mir einen richtigen Kick und das starke Gefühl, für die Natur da zu sein.“Diese Haltung ward fortan zu seiner Lebensphilosophie. In Biel übernahm er im Februar 1994 den Velokurier, in seiner Freizeit engagierte er sich für die Bäume. Wo immer welche gefällt werden sollten oder wurden, war HUK zugegen. Motorsägenlärm löste bei ihm nicht Lähmung sondern sofortige Reaktion aus. Vor allem das Argument des Fällens aus Sicherheitsgründen brachte ihn auf die Palme. Ob er denn die Verantwortung übernehme, wenn jemand zu Schaden käme, versuchte man ihn abzuspeisen. Ob sie denn die Verantwortung für die im Strassenverkehr angefahrenen Kinder übernähmen, konterte er. „Ich bin fast explodiert in solchen Situationen, ich fühlte mich so machtlos.“ Aber statt auszurasten oder frustriert abzuziehen, lernte Köhli seine Emotionen in solchen Momenten zu kontrollieren und in gezielte Aktion für die Rettung der Bäume zu kanalisieren. „Das war nicht einfach“, sagt er heute, „hätte ich den Verantwortlichen doch am liebsten die Köpfe umgedreht.“
Seine Kontrahenten waren Bauherren, Baudirektoren und die Stadtgärtner, seine Mittel, wenn Gespräche nicht fruchteten, die Unterschriftensammlung, die Einsprache und/oder die Information der Medien. Mal agierte er privat zusammen mit seiner Frau, wenn selbst betroffen, mal mit der Gruppe Wohnungsnot des AJZ, mal mit seiner Partei, den Grünliberalen, im Rücken. Oft war nichts zu machen, die Ausgangslage aussichtslos, die Gegner übermächtig, die übergeordneten Interessen erdrückend, wie beispielsweise bei der Rodung für das Expo-Gelände zwischen Biel und Nidau. „Das war einer der schlimmsten Verluste“, sagt Köhli, „und eine Hohn, wie auf Gemeindeland in Worben als Ersatz aufgeforstet wurde.“Man habe zuerst ein natürlich gewachsenes Waldstück abgeholzt, um dann dort wieder aufzuforsten. „Eine vollkommen Idiotie“.
Immer wieder Niederlagen also. Aber HUK kämpfte weiter, weil ihm einfach jeder Baum etwas bedeutet, ganz egal welcher Art und unabhängig seines ökologischen Werts. „Was heisst schon Wert? Jeder ist auf seine Art wertvoll, jeder Baum gibt dir Energie, und nicht zuletzt trägt jeder zu einem angenehmeren Stadtklima bei, vor allem wenn schon gross und alt.“Deshalb zählt für ihn, dass so viele wie möglich so lange wie möglich stehen bleiben.
Und wo das nicht zu erreichen war, begann Hans Ulrich Köhli alsbald bei den Einspracheverhandlungen dreifachen Ersatz zu fordern. „Wenn ihr die zu fällenden Bäume 1:3 ersetzt, ziehen wir die Einsprache zurück“ – das war die Strategie, eingesetzt ein erstes Mal bei der Einsprache gegen die Rodung einer schönen Kastanienallee für den Neubau des Alters- und Pflegeheims Schüsspark an der Neumarktstrasse. Es klappte: In der im September 2006 mit der Einwohnergemeinde Biel als Baugesuchstellerin getroffenen Vereinbarung steht, dass auf dem Areal zwischen Zentralstrasse und Neumarktgasse 15 grosse Bäume (Hochstämmer) als Ersatz für die gefällten 5 Bäume gepflanzt werden. „Diese Bäume sind in einem Bepflanzungskonzept für die Zonen für öffentliche Nutzungen auf dem Gaswerkareal zusätzlich zu integrieren.“ Ein schöner Erfolg für HUK, der privat und mit der Gruppe Wohnungsnot als Einsprecher auftrat. Das Bepflanzungskonzept wurde übrigens unter anderem gestützt auf ein von ihm und seiner Frau aufgenommenes Bauminventar vor der Umgestaltung des ganzen Areals ausgearbeitet. Es umfasst gegen 300 Bäume. Einstmals standen aber, so HUK, gar über 800 Bäume zwischen Kongresshaus und Schüsspark. Die ersten wurden um die Jahrtausendwende gerodet wurde, um für die Bieler Messe Platz zu schaffen, die in dieser Zeit wegen der Expo.02 nicht am See vorne stattfinden konnte. Viele weitere fielen, als 2012 die Esplanade in Angriff genommen wurde bzw. das unterirdische Parking. HUK hatte auch da Einsprache gemacht. In den darauffolgenden Verhandlungen erreichte er, dass immerhin 152 Hochstammbäume aufgeforstet werden müssen. Zum Teil ist das schon passiert zwischen Kongresshaus und Coupole bzw. Coupole und Neumarktstrasse, zum Teil aber auch noch nicht, wie Köhli sagt: „Ich habe nie ein Gesamtkonzept für die Bepflanzung das ganzen Areals gesehen und bezweifle, ob die versprochenen Bäume jemals alle gepflanzt werden.“
HUK wurde wegen gefährdeter Bäume alsbald hier hin und dorthin bestellt, wo er selbst direkt nicht einsprechen konnte. Dann regte er Unterschriftensammlungen an oder half beim Verfassen von Einsprachen. „Man rief mich fast wegen jedem Bäumchen“, blickt er schmunzelnd auf diese intensive Zeit (wann) zurück. Heute klingle bei ihm zwar immer noch ab und zu das Telefon, wenn irgendwo Bäume gefällt werden, aber die Lage habe sich beruhigt, auch weil bei Bauvorhaben unterdessen oft schon von vornherein Ersatz für die Baumopfer versprochen werde, so sein Eindruck. „Aber man muss wachsam bleiben und darf den Planern und Bauherren nicht einfach freie Hand lassen“, schiebt er gleich nach. Er müsse seine Energien zwar schonen, sei aber nicht etwa altersmild geworden: „Sollte den Bäumen am Strandboden wegen des Westastes tatsächlich an den Kragen gegangen werden, werde ich als einer der ersten dort zelten gehen. Das kann es einfach nicht sein.“
Einmal übrigens setzte Köhli tatsächlich seinen Körper für einen Baum ein. Es war als in der Nachbarschaft ein Haus abgerissen wurde und die Bäume auch gleich noch unters Messer gerieten. Da zögerte der Baumschützer nicht lange und eilte seinen grünen Freunden zur Hilfe, ihm gegenüber ein Stadtgärtner, sein Spezialfeind zu dieser Zeit. „Gang furt, oder i schnide dir d’Scheiche ab“, habe dieser gerufen. HUK blieb bis der Chefgärtner kam und ihm Recht gab, dass der Baum stehen bleiben könne.
Seine Augen funkeln ein wenig, wenn er solche Anekdoten erzählt. Und auch als er zum Abschluss des Gesprächs nochmal auf die Esplanade zu sprechen kommt, sitzt er nicht mehr ganz so entspannt im Sessel. Er weiss: „Die noch bevorstehen Überbauung am Rand der Esplanade wird kommen. Aber wehe sie versuchen das Wäldchen vor unserem Balkon ohne Baubewilligung abzuholzen. Dann gehe ich voll auf die Barrikaden.“ Eine zum ersten Mal „hyperseriöse Einsprache mit Anwalt und allem drum und dran“, hat Köhli schon deponiert. „Dafür bin ich letzten Sommer bis an die Grenzen meiner Kapazitäten gelangt.“ Denn einmal mehr, so fällt es ihm jedenfalls auf, wurde das Baugesuch kurz vor den langen Ferien publiziert.
Jetzt harrt er der Dinge die da kommen werden. Ende Mai 2018 hat der Regierungsstatthalter die Baubewilligung unter gewissen Auflagen erteilt. HUK findet diese aber ungenügend und wird sicher eine Beschwerde beim Kanton einreichen, um die grüne Lunge so lange als möglich zu erhalten. „Ein Weiterziehen bis vors Bundesgericht ist aber eine teure Angelegenheit und muss deshalb wohl überlegt sein.“Realistischerweise werde es also maximal noch ein Jahr gehen „bis dieses wundervolle Biotop gerodet wird, da es In der Stadt Biel leider kein Gesetz gibt, das die Bäume schützt.“Für Huk ein Grund wegzuziehen, an einen Ort wo Bäume noch Bäume sein können.
Janosch Szabo
GRÜNE KORRIDORE FÜR WILDTIERE UND MENSCHEN IM DSCHUNGEL SÜDINDIENS ALS ÜBERGEORDNETES ZIEL
Das Projektgebiet liegt südlich vom Mudumalai-Nationalpark auf der Strecke von Mysore nach Ooty. Dort wo sich die 3 südindischen Staaten Kerala, Karnataka und Tamil Nadu treffen. Die Erhaltung und die Vergrösserung der Waldkorridore sind das übergeordnete Ziel. Die genetische Vielfalt von Elefanten, Tigern und anderen Tieren soll damit verbessert werden. Der Lebensraum für Mensch und Tier wird aufgewertet.
Für mengenmässig grössere Aufforstungen (300 – 500km2) sind Gelder aus grosszügigen Spenden und aus dem Emissionshandel nötig, da die Grossaufforstungen die finanziellen Möglichkeiten der Schweizer Organisation bei weitem übersteigen würden. Die wohlhabende indische Bevölkerung soll ebenfalls einen Teil dazubeitragen.
Das „Swiss Reggae Festival“, welches jedes Jahr Ende Oktober in der Coupole Biel stattfindet sowie die Mitgliederbeiträge und Spenden des „Schweizerischen Vereins zur Erhaltung der Tier- und Pflanzenvielfalt in Indien“sind die finanziellen Grundlagen.
Besucher und Freiwillige sind jederzeit willkommen im wunderschönen Projektgebiet, welches eines der besten Orte der Welt ist, um wilde Tiere in freier Natur zu beobachten.