Weniger, weniger, …weniger!
Noch bevor sich die Reichen und Mächtigen der Weltwirtschaft Ende Januar auf den Weg nach Davos machten, um nach neuen globalen Strategien des Wirt-schaftswachstums zu suchen, gastierte Niko Paech in Bern und sprach an einer Abendveranstaltung im Rahmen der «Tour de Lorraine» über Klimagerechtigkeit und Postwachstum. Mit im Gepäck war sein Buch «Befreiung vom Überfluss».
Niko Paech, Professor für Plurale Ökonomik an der Uni Siegen, warf in Bern ein kleines Streifl icht auf die «Postwachstumsökonomie»; ein Begriff, den er vor circa 15 Jahren geprägt hat. Eine funktionierende Wirtschaft ohne Wachstum ist für manche unvorstellbar, wird uns aber zukünftig gezwungenermassen beschäftigen. Allseits erleben wir Ressourcenknappheit, Umweltverschmutzung, die Auswirkungen des Klimawandels, kurz: das Ende des seit Jahrzehnten propagierten Wachstums, das uns allen doch soviel Wohlstand und Freiheit gebracht hat.
Dass uns in dieser problematischen und bedrohlichen Situation grüne Technologien retten könnten, hält Paech nicht nur für unrealistisch, sondern weist auch darauf hin, dass
«noch kein technologischer Fortschritt ohne ökologische Folgen geblieben ist» und dass «alle technischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte ökologisch desaströs waren». Kein technologischer Fortschritt werde unseren Fussabdruck auf einen Zwölftel reduzieren, wie es dringend notwendig wäre, erklärt Paech. Auch PolitikerInnen würden uns nicht aus dieser Situation mit all den aktuellen globalen Problemen retten, denn es wurden noch nie PolitikerInnen gewählt, mit dem Programm: «Weniger Autos! Weniger Häuser! Weniger fliegen! Weniger Jeans!…». Also müssten wir es selbst tun, denn: «Die individuelle Verantwortung des Menschen ist nicht verhandelbar.»
Paech’s kleines auch für Nicht-ÖkonomInnen sehr lesbares Buch erklärt die ganze Thematik und zeigt nun einen machbaren Weg auf, um dem Desaster zu entgehen, das sich am Horizont abzeichnet. «Wir sind so fixiert auf Problemlösungen, die darin bestehen, zusätzliche Dinge in die Welt zu bringen, dass wir ein simples Faktum übersehen: Reduktionen und selbstbegrenzende Handlungsmuster haben den Charme, wederKapital noch Neuerfindungen, noch politische Weichenstellungen zu benötigen. Sie sind in aller Regel voraussetzungslos und kosten nichts – mehr noch: sie sparen sogar Geld.»
In dem Buch werden machbare Lösungen für die Wirtschaft aufgezeigt, von der wir alle und die Umwelt nur profi tieren können.
Filmtipp:
Nico Paech kommt auch im sehenswerten Film «Weniger ist mehr – die Grenzen des Wachstums und das bessere Leben» vor.
Darin geht die Journalistin Karin de Miguel Wessendorf der Frage nach «Kann es Wohlstand ohne Wirtschaftswachstum geben?» und sucht quer durch Europa nach Lebens- und Wirtschaftsmodellen, die den Weg in die Postwachstumsgesellschaft weisen.
Paech als einer ihrer Interviewpartner sagt pointiert: «Einen Lebensstil zu praktizieren, der vereinbar ist mit einer Wirtschaft ohne Wachstum, ist keine Willensbekundung sondern ein Übungsprogramm.
Man muss üben, mit weniger Fleisch auszukommen. Man muss üben, weniger zu fliegen […] Man muss üben, weniger zu arbeiten und die frei gewordene Zeit dafür zu verwenden, um Produkte zu pflegen oder mit anderen gemeinschaftlich Dinge zu produzieren oder Produkte zu teilen.»