Ein Kommentar zum Interview von Claire Magnin mit Barbara Schwickert
Eigentlich eine gute Sache, das neue Bieler Klimareglement. Es hat klare Fristen, die Finanzierung ist geregelt, die Sozialverträglichkeit wird erwähnt, und in einigen Punkten geht es sogar über die dazugehörige Motion hinaus. Die Stadtverwaltung soll schon bis 2040 klimaneutral werden.
Nur leider wurde diese Motion schon vor 2 Jahren ausgearbeitet. Und seit dann haben sich die wissenschaftlichen Fakten etwas geändert. Um nicht an einen sogenannten «Tipping Point» zu stossen, einen Punkt, der so katastrophale Kettenreaktionen auslöst, dass wir die Folgen nicht einmal ansatzweise berechnen können, und es unmöglich sein wird diese Reaktionen rückgängig zu machen, müssen wir mittlerweile netto Null bis 2030 erreichen und nicht erst bis 2050. Mit anderen Worten müssen wir also bis 2030 klimaneutral werden, wenn wir nicht wollen, dass unser Klima anfängt sich selbst immer weiter aufzuheizen und somit unsere ganze Lebens- und Zivilisationsgrundlage zerstört.
Die logische Reaktion auf diese neuen Erkenntnisse wäre doch nun, dass wir alles daran setzten, netto Null bis 2030 zu erreichen und diese Katastrophe zu verhindern. Aber nein, der Bieler Stadtrat sieht dies anders. Der Vorschlag der JUSO, netto Null bis 2030 (anstatt bis 2050), wird als ‘unrealistisch’ angesehen und deshalb abgelehnt. Auch ein Vorschlag der SP/JUSO/Grüne 2050 als allerspätestes Ziel anzusehen und alle 5 Jahre zu untersuchen, ob es nicht möglich sei dieses Ziel nach Vorne zu verschieben, wird von einer knappen Mehrheit abgelehnt.
Es kann doch nicht sein, dass wir Politiker*innen haben, welche in Sachen Krisenprävention immer noch auf das Minimum setzen und denen ehrgeizige Ziele einfach zu anstrengend sind, um es überhaupt zu versuchen. Mit so einer Einstellung werden wir die Krise nicht überwinden.
Als Fazit kann man also sagen, dass die Bau- und Energiedirektion der Stadt Biel, welche dieses Klimareglement erarbeitet hat, gute Arbeit gemacht hat; Die Verantwortlichen haben die Punkte der Motion fast ausschliesslich auf eine sinnvolle Weise umgesetzt und sind an einigen Stellen noch weiter als die Motion gegangen. Leider hat der Stadtrat nicht gleich gute Arbeit gemacht. Obwohl er die Möglichkeit gehabt hätte, das Klimareglement dem aktuellen Wissensstand anzupassen und somit zu verschärfen hat er es versäumt und sich lieber in der Minimalpolitik zurückgelehnt als sich und der Stadt Biel ein ehrgeiziges, aber nötiges Ziel zu setzen.
Doch leider kann die Stadt Biel die Klimakrise nicht allein lösen. Egal wie gut unser neues Klimareglement ist, oder auch nicht ist, viele wichtige Entscheide und Gesetze liegen nicht in der Kompetenz der Stadt, sondern müssen auf Kantons- oder Bundesebene beschlossen werden. Dies soll jedoch keinesfalls eine Ausrede für die Bieler Politiker*innen sein, um auf der städtischen Ebene nichts zu machen; im Gegenteil, es soll uns alle motivieren, in unseren politischen und auch persönlichen Entscheiden in allen Grössenordnungen ans Klima zu denken und uns ehrgeizige Ziele zu setzen. Denn es gibt überall etwas, was verändert werden kann und soll, und nur wenn wir überall und ambitioniert handeln, haben wir eine Chance diese Krise zu verhindern und unseren Kindern eine bessere und sauberere Welt zu hinterlassen!
Nina Schlup, 18 Jahre, Maturandin, JUSO-Mitglied, Klimastreikende
Fotos: Andreas Bachmann